Text der Petition
Mit der Petition werden die Personalvorgaben in den Landesrahmenverträgen nach § 75 SBG XI als unzureichend kritisiert. Ferner wird die Offenlegung der Jahresabschlüsse, Gewinn- und Verlustrechnungen aller Pflegeheime und ambulanten Dienste gefordert. Die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz sollen im Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI ganzheitlich berücksichtigt werden. Pflegende Angehörige müssen durch den Ausbau ambulanter und bedarfsgerechter Infrastruktur unterstützt werden.
Begründung
Sehr geehrte Damen und Herren unseres Bundestages,
ich beginne die Begründung der Petition mit einer Lesung der Leviten:
„Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen und die Alten ehren und sollst dich fürchten vor deinem Gott“ (Levitikus 19,32).
Unser Grundgesetz sichert jedem Menschen eine unantastbare Würde zu. Dadurch schützt es insbesondere die Menschen, die durch körperliche oder geistige Beeinträchtigungen darauf angewiesen sind, dass der Sinn ihres Lebens durch die Kooperation ihrer Umgebung gewahrt bleibt. Sie als Christdemokraten sind an der Regierung und bestimmen daher die politischen Rahmenbedingungen maßgeblich mit. Sie zeigen damit der Gesellschaft wie sehr Ihnen Ihr christliches Menschenbild in der praktischen Umsetzung am Herzen liegt.
Jeder Pflegemitarbeiter versorgt im Schnitt 12,5 pflegebedürftige Menschen. Noch drastischer ist die Situation in den ambulanten Diensten. Mehr geben die Landesrahmenverträge an Personal nicht her. Im Gehetze eines so unwürdigen Pflegealltages können die Mitarbeiter an den „grauen Häuptern“ nur noch vorbeijagen. Das ist auch die Begründung dafür, dass der Beruf des Altenpflegers abgewählt oder abgebrochen wird.
Jahresabschlüsse und damit Gewinn- und Verlustrechnungen müssen nicht offengelegt werden. Das ruft Betreiber ohne soziales Gewissen auf den Plan und steigert sich bis zum Aktienhandel mit Pflege.
Pflegeheime und ambulante Dienste finanzieren sich zum großen Teil über Steuergelder und Versicherungsbeiträge der Bürger Deutschlands. Daraus begründet sich ein öffentliches Interesse an der Transparenz des Wirtschaftsgebarens. Dies muss in erster Linie den Pflegebedürftigen und den Mitarbeitern dienen.
Menschen mit der sog. Demenz sind in der Pflegeversicherung grundsätzlich benachteiligt. Ein Pflegebedürftigkeitsbegriff der sich ausschließlich am Zeitaufwand für körperliche Pflege im Minutentakt orientiert ist vollkommen überholt und blind für die Lebenswirklichkeit von über einer Million Menschen mit diesem Krankheitsbild mit zunehmender Tendenz.
Dem Grundsatz „Ambulant vor stationär“ widerspricht die vorzufindende Unterstützungsstruktur für eine häusliche Betreuung. Mangelnde Steuerungsinstrumente in den Kommunen und höhere Pflegekassenzuschüsse stärken die stationäre Pflege. Finanzstrategen haben schon längst den Markt der Pflegeheimimmobilien mit schönen Renditen und ohne Gemeinwohlorientierung entdeckt.
Gemeinnützige Seniorennetzwerke und das Ehrenamt werden gewürdigt aber nicht ausreichend gefördert.
Wie bei der Vereinbarkeit von „Kindern und Beruf“ am Lebensanfang muss
auch am Lebensende eine wohnortnahe Infrastruktur qualitativ gute Wahlmöglichkeiten für die
Vielfalt der Lebensmodelle zulassen.
Mit Verwahrung, Verwaltung, Versorgung kann keine Wohlfahrt im Alter gedeihen.
Wir brauchen eine öffentliche, gesellschaftspolitische Auseinandersetzung über die Mitwirkung pflegebedürftiger Menschen am Leben der Gesellschaft.
Nach der "Lautstärke" der Diskussion wird sie beherrscht von der Kontroverse zwischen einem Pragmatismus, die klare Benennung von Dingen, die in der Tat "angebrannt" sind und dem grundlegenden Benennen, was unabdingbar zur Menschenwürde gehört. Erst einmal unabhängig von Finanzierbarkeit und wer, was, wann und wo verursacht hat.
Im größeren Zusammenhang findet sich diese Kontroverse beim Hochhalten der Verantwortungsethik (bspw."Wir können da nicht warten, bis die da alle ermordet worden sind und müssen da eingreifen") und der Gesinnungsethik, die erst einmal jegliche militärische Intervention ablehnt. Das Letzte mag - durchgängig gehalten - realitätsferne utopische Träumerei sein, das Erstgenannte ist gesinnungsloser Pragmatismus, der aus dem Entlanghangeln von Notwendigkeit zu Notwendigkeit nicht mehr herauskommt und dasjenige, was wir im Grunde unseres Herzens gar nicht haben wollten, letztlich zum unabdingbaren Normalfall erklärt. Die Vermittlung von Beidem ist, dass diese beiden Ethiken ins Verhältnis gebracht werden müssen, keine von der anderen grundsätzlich denunziert werden darf.
Was ist grundlegend?
Meiner Auffassung nach - und hier bringe ich mich jetzt mit meiner Auffassung ein - ist die Basis von allem, dass VOR ALLEM ANDEREN nicht gerechnet wird. So verstehe ich auch Ihr Buch, Frau Kleischmantat, was ich von dem Buch weiß, ohne es jetzt ausführlich gelesen zu haben.
Der_Max hat m. E. wiederum vollkommen zutreffend benannt, dass diese Gelder, die ich eben als "infolgedessen Hinzukommendes" bezeichnet habe, ja irgendwo herkommen müssen. Im Grunde genommen ist es das Anknüpfen an den Ausspruchs Kennedys und das Beziehen auf die Altersvorsorge: "Frage Dich nicht, was die Altervorsorge später für dich tun kann, frage Dich, was Du für die Altersvorsorge tun kannst." Das Wort "gesellschaftlich verlogen" empfinde ich als scharfzüngig, unabhängig davon macht es die Argumentation nicht falsch. (vgl. den längeren Absatz)
Letztlich also doch die Frage: Denken wir von der Bezahlbarkeit her, dem scheinbar und behauptet Realistischen?
Denken wir von der Menschenwürde her, nicht als Realitätsverweigerer, doch im Vertrauen, dass sich Wege finden werden?
Wären Menschen vor 1986 in Leipzig oder in Ost-Berlin oder in Wittenberg auf die Straße gegangen, hätten sie sich wie 1953 blutige Köpfe geholt. Das ist der Realismus.
Hätten die heutigen Parteien mit ihrem Profilierungsgedanken, welches Fähnchen und welches Transparent nun am Stärksten zur Geltung komme, den Umbruch 1989 organisiert, wäre das Ganze spätestens nach sechs Wochen wie ein Hühnerhaufen auseinandergelaufen. So haben es Gruppen organisiert, die erst einmal nur UNGEFÄHRE Ziele hatten. Das ist die Absage an den Realismus.
Das vermachtete Krankheitsbekämpfungswesen, wie ich das nenne, ist keine DDR, dass da jemand mit Waffengewalt zusammenzwingt, was sonst seine freien Wege gehen würde. Da sind, hier hat Der_Max Recht, mehr im Boot mit ihren jeweiligen Erwartungen, die aus dem Ganzen ein Dickicht machen.
Ich will "uneitel" an meinen Beitrag vom 18.12., 7:37 Uhr anknüpfen:
Sind die Fragen, ob es ein menschenwürdigeres Leben ist, nicht lückenlos kontrolliert zu werden, nicht auf´s Gramm gewogen Essen gereicht zu bekommen, schon gestellt worden?
Ist diese überbordende, kostenträchtige, von der Betreuung abhaltende Kontrolle der Kosteneinsparung geschuldet oder steckt dahinter die Illusion, dass Überleben - und sei es bis ins Ultimo von 120 Jahren - um den Preis permanenter Entmündigung der Alten doch ein akzeptabler Preis ist, wo es doch nur um "Ihr Bestes" geht, womit die mit ihrem Dickkopf ja nur auf verlorenem Posten stehen können?
last but not least: Wie weit befinden wir uns eigentlich in der Erforschung der Ursachen der Demenz, was das Ganze finanziell immer stärker aus dem Ruder laufen lässt? Bspw.: der zunehmenden Abstraktion tagtäglicher Verhältnisse, im Auseinanderfallen zur Anschaulichkeit, nach der sich Menschen im Innersten sehnen, der Zunahme zahlenmäßig abstrakter Verschlüsselungen, dass einer der 34 zu verwaltenden Nummern-Codes zur Auszahlung bei Bank oder Sparkasse, ein anderer zur Öffnung spezifischer Computerprogramme, weitere zur Öffnung von Hotelschließfächern, Vierte zum Aufrufen dieser, jener und noch ganz anderer Seiten, Fünftes die Ausweitung in eigentlich sachfremden Bereichen die widernatürliche Einübung somit allgegenwärtiger Computer-Logik ist, wo der doch keine Anschauung hat, wir aber als Menschen auf Anschauung geradezu bauen?