Text der Petition
Mit der Petition wird gefordert, einen gestaffelten Mutterschutz für Frauen einzuführen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden.
Die Staffelung soll von einer Expertenkommission erarbeitet werden und die Staffelung sich auf die Anzahl der Schwangerschaftswochen beziehen.
Der gestaffelte Mutterschutz soll ein Schutzangebot des Staates und für die Frau nicht verpflichtend sein.
Begründung
Aktuell steht Frauen nach Fehlgeburten, also Geburten bei denen Babys keine Lebensmerkmale gezeigt haben, deren Gewicht weniger als 500 Gramm betrug, und die Geburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erfolgte, kein Mutterschutz zu.
Auch der Änderungsvorschlag der neuen Bundesregierung, der die 20. Schwangerschaftswoche als Grenze vorsieht, ist unzureichend. All den Frauen, die bereits in der 19. Woche oder früher eine Fehlgeburt erleiden, steht weiterhin keinerlei Mutterschutz zu. Das bedeutet, dass Frauen, die wochen- und monatelang ihr Kind unter dem Herzen getragen haben, weiterhin kein Anrecht auf Mutterschutz haben.
Es ist nicht nachvollziehbar weshalb eine Frau, die nach 18 Wochen und 6 Tagen eine Fehlgeburt erleidet, 0 Tage Mutterschutz erhält und eine Frau, die ihr Kind einen Tag später verliert, 18 Wochen Mutterschutz. Bei diesem sensiblen und die Würde der Frauen angreifendem Thema ist eine solch harte Grenzziehung nicht angemessen. Eine Staffelung hingegen würde durch eine weichere Grenzziehung Ungerechtigkeiten abmildern.
Eine Krankschreibung ist kein Ersatz für Mutterschutz. Ob und in welcher Form eine Krankschreibung der Frauen nach einer Fehlgeburt stattfindet, liegt alleine im subjektiven Ermessen des betreuenden Arztes. Sie erfolgt nicht automatisch, sondern oft nur auf Nachfrage und Bitten der Frauen oder auch gar nicht, bzw. nur für wenige Tage. Dieser Umstand stellt nicht selten eine zusätzliche Belastung für die oftmals traumatisierten Frauen dar. Die Notwendigkeit eines kleines Wochenbetts wird in vielen Fällen nicht berücksichtigt und Frauen suggeriert, dass ein schnelles Funktionieren gesellschaftlich erwünscht sei, weswegen etliche Frauen sich nicht trauen, Zeit für ihre Trauer einzufordern. Bei vielen Betroffenen treten mittel- und langfristig Depressionen auf.
Auch das psychologische Element, dass eine Frau, die ihr ungeborenes Kind verliert, nicht als Mutter (der Mutterschutz zusteht) gewertet wird, spielt für viele Frauen eine große Rolle. Wir glauben, dass ein Angebot des gestaffelten Mutterschutzes für Frauen nach Fehlgeburten ein großer und wichtiger Fortschritt wäre, der betroffenen Frauen Zeit, gibt das Erlebte zu verarbeiten, körperlich zu heilen und die Frauen und ihre Würde unter den Schutz stellt, den sie verdienen.
Warum ich persönlich nicht FEHLGEBURT sagen möchte? Weil der Vorgang, "sein totes Kind aus dem eigenen Bauch zu bekommen", eben eine GEBURT darstellt. Ich muss gestehen, dass ich mir früher darüber auch nie Gedanken gemacht habe. Dass ich das Alles möglicherweise aus Desinteresse auch nicht betrachtet und nicht hinterfragt habe. Inzwischen weiß ich aber vieles besser, leider aus eigener Erfahrung.
Gerade in der Frühschwangerschaft passiert so viel im Körper der Frau. Es sind nicht nur die Träume und Wünsche, die beeinflussen und auch zu Veränderungen im eigenen Leben führen, es ist so viel mehr: Jede Frau durchläuft eine hormonelle Veränderung und bei vielen Frauen ist dieses Hormonchaos schon ganz früh nach der Befruchtung zu spüren.
Hormone können so viel im Körper durcheinanderbringen und gerade die Tatsache, dass man dies von Außen nicht erkennen kann, macht es für manche Frauen schwer, weil hierfür häufig das Verständnis fehlt.
Wird dann unter diesen Umständen (mit denen man als Frau auch erstmal klarkommen muss) die Diagnose des Schwangerschaftsverlustes gestellt (und das eben egal in welcher Woche, denn Trauer kennt keine Wochen oder Monate - und jeder, der schon einmal um jemanden getrauert hat, weiß das!), stellt dies eine große emotionale Belastung für die Mama dar, die ja ohnehin schon dieses Gefühlswirrwarr zu ertragen hat.
Die tatsächliche Schwere der Trauer ist von Außen nicht sichtbar. Und auch nicht die Tatsache, dass auch du MAMA bist, auch wenn dein Kind ebenfalls nichts sichtbar ist. Was dann auf die Mama zukommt, an körperlicher und seelischer Belastung, wird oftmals nicht gesehen und scheint bisher auch kaum Wertung zu erhalten.
Auch wenn das Thema Wochenbett eigentlich häufig in Zusammenhang mit einer komplett ausgetragenen Schwangerschaft mit einer Lebendgeburt in Verbindung gebracht wird, so möchte ich hier dringend darauf hinweisen, dass Frauen, Mamas, auch in der Frühschwangerschaft nach der Geburt ein Wochenbett benötigen. Wir müssen weg von dem Bild, dass Wochenbett bedeutet, dass eine Mama gemütlich stillend mit Baby auf der Couch sitzt.
Auch nach einer Kleinen Geburt braucht es das Zurückbilden, das Heilen von Seele und Körper.
Sein Kind zu verlieren, ist die eine Sache. In dieser unfassbar anstrengenden Situation aber allein gelassen zu werden, eine andere Sache.
Ich frage mich, wie man eine Mama in einer solchen Situation allein lassen kann?
Leider gibt immer noch Menschen, die der Meinung sind, Frauen könnten am nächsten Tag direkt wieder arbeiten gehen. Frauen könnten unter diesen harten Umständen so tun, als wäre nichts und könnten die gleiche Leistung erbringen, wie sonst auch.
Das ist in meinen Augen schlichtweg unmöglich und ein absolut fataler Ansatz.
Wir haben alle Mütter, die dafür gesorgt haben, dass wir auf dieser Welt sind und ich finde, die Zeiten, in denen Frauen lediglich als Gebärmaschinen herhalten mussten, sollten allmählich vorbei sein. Und nur weil ein Kind verstorben ist, darf einer Frau meiner Meinung nach, die Bezeichnung MUTTER nicht abgesprochen werden. Genauso wenig wie ihr der Vorgang der Geburt oder das dringlichst nötige Wochenbett (Heilung und zur Ruhe kommen!) genommen werde sollte!
Hier braucht es vor allen Dingen jede Menge NEUES Wissen über die Kleine Geburt und all das, was sie mit sich bringt. Leider fehlen hierfür in Deutschland Studien, valide Zahlen, weil eben das Thema FEHLGEBURT zu unwichtig erscheint. Es wird ohne Nennung von Alternativen ausgeschabt, Frauen um die Verabschiedung des eigenen Kindes gebracht und ihnen signalisiert, dass sie eine Kleine Geburt auf natürlichem Weg nicht meistern können - Meiner Meinung nach besteht hier dringender Überarbeitungsbedarf!
Würden wir eine Kleine Geburt als Geburt anerkennen, eine Sternenmama als MAMA wahrnehmen, so sollte das Thema Mutterschutz überhaupt keines sein, weil eben SELBSTVERSTÄNDLICH!!!
Aber hierfür braucht es ein Umdenken in unserer Gesellschaft und das fängt nicht an, in dem man auflistet, was Frauen alles noch leisten sollen, weil es ja "die Natur so vorgesehen hat". Es braucht Wertschätzung und Achtung und vor allen Dingen EMPATHIE!
Das war mein Wort zum Sonntag <3
Danke an Natascha Sagorski für diese Petition!
LG Corinna Hansen-Krewer