Text der Petition
Der Bundestag möge beschließen:
„Die Erhaltung des filmischen Kulturgutes ist eine gesamtstaatlich-nationale Aufgabe. Dieses Erbe muss dauerhaft gesichert werden, um auch im digitalen Zeitalter sichtbar und verfügbar zu bleiben. Der Bund stärkt daher das Bundesarchiv-Filmarchiv als das zentrale deutsche Filmarchiv sowohl personell als auch finanziell. Er fördert durch die Einrichtung eines dauerhaften Fonds die Digitalisierung des deutschen Filmerbes.“
Begründung
Unser Film-Erbe ist in Gefahr !
Wenn die Politik den fortschreitenden chemischen Zerfall unseres Filmbestandes weiter ignoriert, müssen wir in den kommenden Jahren mit dem Verlust der meisten Filme aus den letzten hundert Jahren rechnen. Die kostbaren analogen Original-Negative und Unikate unseres Film-Erbes zerfallen lautlos, ohne Aufsehen zu erregen, ohne ein neues Leben zu erhalten und unter behördlicher „Aufsicht“. Im „Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks“ (Walter Benjamin) ist ausgerechnet die Filmkunst davon bedroht, dass der größte Teil ihres Bestandes nicht mehr reproduziert werden kann und stirbt.
(...)
Das bewegte Bild hat nur ein Leben in seiner fortwährenden Reproduktion. Das ist sein Wesen. Ein einzelnes analoges oder digitales Film-Original ist immer vom Infarkt bedroht, mechanisch, chemisch oder durch Datenverlust. Wir müssen umdenken: Das bewegte Bild zu konservieren, bedeutet seine ununterbrochene Reproduktion auf höchstem technischen Niveau. Nur so besteht eine Gewähr, dass es sich im kulturellen Gedächtnis der Nation verankern kann.
Um die Digitalisierung des Film-Erbes zu meistern, schlagen wir vor, aus dem Verbund der deutschen Kinematheken heraus eine zentrale Koordinierungsstelle zu schaffen. Sie muss das bei den deutschen Filmarchiven vorhandene Fachwissen bündeln, die Digitalisierung vorbereiten und die Konditionen der Auftragsvergabe an die technischen Film- und Fernsehbetriebe aushandeln. Diese gewaltige Aufgabe kann nur von allen deutschen Archiven gemeinsam gestemmt werden. Ohne eine enge Kooperation mit den derzeit noch existierenden Filmkopierwerken und Bildverarbeitungsfirmen ist die anstehende Arbeit nicht zu leisten. Wenn es das dort vorhandene Filmwissen eines Tages nicht mehr geben sollte, hat sich das Problem von selbst erledigt.
Frankreich stellt für die Digitalisierung und Umkopierung seines Film-Erbes in einem Zeitraum von sechs Jahren 400 Millionen Euro bereit. In Deutschland stehen gerade einmal mal zwei Millionen jährlich für ein paar prominente Filmtitel zur Verfügung. Um den drohenden Untergang unserer Bestände abzuwenden, werden bis zum Ende dieses Jahrzehnts Investitionen von etwa 500 Millionen Euro benötigt.
Wir fordern eine Initiative zur Digitalisierung der gefährdeten Filmbestände auf Bundesebene. Von der zukünftigen Bundesregierung erwarten wir eine sichere und substanzielle Finanzierung. Die Bewahrung unseres Film-Erbes ist eine nationale Aufgabe für die Zukunft.
"Am meisten Sorgen bereiten den Filmarchiven neben den leicht entflammbaren Nitro-Filmen auf Zelluloid aus den ersten fünfzig Jahren der Filmgeschichte jene Werke, die seit den fünfziger Jahren auf dem sogenannten Safety-Material Azetat aufgenommen wurden: Kinofilme, 8- und 16mm-Filme, Fotonegative, Magnet- und Mikrofilme, ferner alle Negative und deren Kopien in Farbe oder Schwarzweiß. Wenn dieses Material, wie im Normalfall, in einfach klimatisierten Räumen lagert (bei 20 Grad Celsius und 50% Luftfeuchte), hat es eine garantierte Lebenserwartung von nur 44 Jahren. Jenseits dieser vom Image Permanence Institute (Rochester, N.Y.) ermittelten Mindesthaltbarkeit beginnt das unkalkulierbare Risiko."
Klaus Kreimeier
Alexander Kutschorra | 16.12.2013 - 23:13
Sie haben Recht.
Wenn der Staat dort einspringen würde, könnte jenes doch sogar als Bezuschussung der Gezmittel gehen und in deren Regie zugänglich gemacht werden müssen.
Ein Gezzusatzsender, welcher sich zur abwechslungsreichen Ausstrahlung verpflichten sollen könnte, könnte Programm sein.
Abwechslungsreich hieße, dass am Tag ein Film nach dem anderen laufen müsste, höchstens in der Nacht jeweils wiederholt, aber nicht innerhalb von ein paar Tagen oder so wieder das Gleiche.
Mit der Zeit wird die Gez vermutlich sowieso anderweitig Programm reduzieren und da wäre so etwas gute Austauschergänzung.
An einen Internetstream, da Streams sich wohl durchsetzen würden, denke ich da aber nicht.
Ich zeichne, auch als Nichtgezkonsument, die Petition mit, da die Formulierung genug Freiraum lässt.
-- | 16.12.2013 - 09:24
das grundsätzliche Ziel der Petition, Kulturgut zu erhalten, halte ich für sehr unterstützenswert
Aber nur "erhalten" reicht nicht, es muss auch "zugänglich gemacht" werden. Kulturgut, welches in einem Archiv verstaubt, ist faktisch verlorenes Kulturgut.
Es bedarf also gleichzeitig einer Reform des Urheberrechts, welches Kulturgut in Volkseigentum überführt, sobald der Urheber oder Verwerter kein Verwertungsinteresse mehr hat. Und welches gleichzeitig sicherstellt, dass künftige Werke nicht aufwendig digitalisiert werden müssen, sondern vom Urheber direkt eingereicht werden.
StefanJ-- | 16.12.2013 - 08:20
... was soll der Spaß denn kosten? Bitte eine realistische Kostenschätzung mit abgeben.
Und was soll denn alles mit diesem Fond bearbeitet werden? Wenn es z.B. copyrightgeschütztes Material ist, dann ist das zu 100% Sache des Copyrightinhabers. Da hat die Allgemeinheit keinen einzigen Euro dafür auszugeben, außer natürlich, danach geht das Copyright an die Allgemeinheit über.
Und was soll denn alles mit diesem Fond bearbeitet werden? Alles, was in irgendeinem Archiv herumliegt? Einschließlich der Super-8-Spulen vom Italienurlaub anno 1953, die irgendjemand einem Archiv hinterlassen hat? Oder vom Kinderkarnevalsumzug in Kleinpusemuckel von 1949 - 1973? Oder doch eher nur geschichtlich oder zeitgeschichlich relevante Sachen. Wenn letzteres, wer entscheidet das?
Digitalisierung als dauerhaften Erhalt von Filmmaterial, oder sonstigem Kulturgut? *LOL*! Bis zum übernächsten Formatwechsel vielleicht. Finden wir uns damit ab, Verlust von Archivmaterial und Aufzeichnungen ist eine Tatsache, seit es Archivmaterial und Aufzeichnungen gibt. Das fing schon bei den alten Mesopotamiern an, als die ersten Tontäfelchen vom Hochwasser des Euphrat und Tigris davongeschwemmt wurden. Und da wir noch nie soviel Archivmaterial und Aufzeuchnungen erzeugt haben wie heute, ist logischerweise auch dessen Entropie so hoch wie nie. Jedenfalls ist es kein gesellschaftsgefährdender Verlust, wenn (wie in Köln geschehen) die Gerichts- und Verwaltungsakten von 1492 bis 1873 in einem schwarzen Loch verschwinden. Ärgerlich, vielleicht, vor allem für ein paar wenige hochspezialisierte Historiker. Aber sonst?
Ach ja, die Werke, die relevant sind, sei es aus künstlerischer und/oder ökonomishcer Sicht, werden durchaus erhalten. Ob Fritz Lang, Dick und Doof, oder Charlie Chaplin, die werden uns erhalten bleiben. Die Dutzendware aus den 1910ern, 20ern, 30ern und 40ern, die ist heute bestenfalls so interessant wie die erste Staffel von Knight Rider oder Raab in Gefahr.