Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, damit die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis bezahlt werden. Der Bundestag möge zudem beschließen, dass Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit einer durch einen Arzt bescheinigten notwendigen medizinischen Verwendung von Cannabisprodukten grundsätzlich eingestellt werden.
Begründung
Patientinnen und Patienten, die von einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis profitieren, sollten unabhängig von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen einen Zugang zu Cannabisprodukten erhalten. Die inhumane strafrechtliche Verfolgung von kranken Bundesbürgern, die mit Unterstützung ihrer Ärztin bzw. ihres Arztes eine Selbsttherapie mit Cannabis durchführen, muss beendet werden. So würden sowohl die Therapiefreiheit als auch die Menschenrechtssituation kranker Menschen in Deutschland spürbar verbessert.
In Deutschland können drei Medikamente auf Cannabisbasis auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Zudem besteht die Möglichkeit einer Ausnahmeerlaubnis durch die Bundesopiumstelle zur Verwendung von Medizinal-Cannabisblüten aus der Apotheke. In beiden Fällen müssen die Betroffenen die häufig nicht unerheblichen Behandlungskosten meistens selbst tragen.
Daher sind vermögende Patientinnen und Patienten in Deutschland hinsichtlich der Möglichkeiten der medizinischen Nutzung von Cannabisprodukten deutlich besser gestellt als weniger vermögende Patientinnen und Patienten. Es besteht in diesem Bereich eine Zweiklassenmedizin und eine medizinische Unterversorgung. Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern sind heute mangels erschwinglicher Alternativen gezwungen, sich illegal mit Cannabisprodukten selbst zu therapieren.
In anderen Ländern wurden unterschiedliche Lösungen für dieses Problem gefunden. So erstatten viele Krankenkassen in den Niederlanden eine Behandlung mit Cannabisblüten. In Israel und Kanada sind die Preise für Cannabisprodukte wesentlich niedriger als in Deutschland. In Spanien ist der Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf erlaubt.
Wenn man eine ärztlich befürwortete Selbsttherapie nicht legalisieren möchte, so sollte wenigstens der § 31 des Betäubungsmittelgesetzes, nach dem bereits heute ein Strafverfahren eingestellt werden soll, wenn nur eine "geringe Schuld" vorliegt, sinnvoll erweitert werden. Bisher wird von einer geringen Schuld nur ausgegangen, wenn es um den Besitz einer kleinen Cannabismenge geht. Patientinnen und Patienten, die sich mangels Alternativen selbst therapieren, besitzen jedoch notwendigerweise häufig erhebliche Cannabismengen und sind zudem Wiederholungstäter. Es sollte Ärztinnen und Ärzten erlaubt sein, Empfehlungen für eine Selbsttherapie mit Cannabisprodukten auszusprechen, und Strafverfahren gegen Patientinnen und Patienten mit einer solchen ärztlichen Empfehlung sollten ebenfalls grundsätzlich eingestellt werden.
Internationale Vergleiche mit Ländern wie Kanada und Israel zeigen, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis unzureichend ist. Das mit der unhaltbaren gegenwärtigen Situation verbundene körperliche und seelische Leid durch unzureichend behandelte schwere Krankheitssymptome bzw. eine andauernde Angst vor Strafverfolgung darf nicht ohne Not fortgesetzt werden. Hier ist der Gesetzgeber in der Pflicht.
Prominente Ex-Politiker halten den Kampf gegen Drogen für gescheitert: Nutzer dürften nicht kriminalisiert werden. Chile verteilt jetzt kostenlos Marihuana an Patienten.
Aktualisiert 9. September 2014 07:15 Uhr
Eine Gruppe von Ex-Staatschefs um den früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan hat weltweit eine Liberalisierung der Drogenpolitik gefordert. Im Sinne der Menschlichkeit müsse im Kampf gegen Rauschmittel die Gesundheit, nicht die Strafverfolgung im Forderung stehen, heißt es in einem bei den Vereinten Nationen in New York veröffentlichten Appell.
Der juristische Kampf gegen Drogen sei gescheitert, schreiben die Unterzeichner in ihrem Aufruf. Verbote würden das Verhalten der Menschen nicht ändern, Drogenkonsumenten dürften deswegen nicht länger kriminalisiert werden. Wichtiger sei es, die gesundheitlichen Folgen zu lindern und die Gewinne der Drogenhändler zu beschneiden.
Drogen als Medikamente
Die Unterzeichner gehen außerdem auf die medikamentöse Wirkung einiger Drogen ein, insbesondere bei der Schmerzbekämpfung. "Mehr als acht Prozent der Menschheit tragen jeden Tag an der Bürde eines vermeidbaren Schmerzes", heißt es in dem Aufruf. Schmerzmittel, auch auf Opiate basierende, könnten dieses Problem lindern. Regierungen sollten ein von der Weltgesundheitsorganisation zu beaufsichtigendes Programm starten, um solche Medikamente sicher in den Umlauf bringen zu können.
Zu den Mitgliedern der Kommission gehören die früheren Staatspräsidenten Ernesto Zedillo (Mexiko), Fernando Henrique Cardoso (Brasilien), Jorge Sampaio (Portugal), Ricardo Lagos (Chile) und Griechenlands Ex-Ministerpräsident George Papandreou, der frühere US-Außenminister George Shultz, der ehemalige EU-Außenbeauftragte Javier Solana, Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa und der Unternehmer Richard Branson.
In jüngster Zeit haben mehrere Staaten ihre Gesetze gelockert. Jüngstes Beispiel ist Chile: Die Regierung genehmigte am Montag den Anbau von 214 Cannabis-Pflanzen, unter anderem in der Hauptstadt Santiago de Chile. Die Plantage soll ab April 2015 rund 200 Krebs- und Epilepsiepatienten kostenlos mit Marihuana versorgen, wie der Sender Radio Cooperativa berichtete. "Es handelt sich um ein seriöses Projekt, das auf das Wohlergehen der Menschen zielt", sagte der Gouverneur von Santiago de Chile, Claudio Orrego.
Kopiert aus zeit.de, 09.09.2014