Text der Petition
Mit der Petition wird gefordert, einmalige Einnahmen von Arbeitslosengeld II-Empfängern direkt dem Vermögen zuzurechnen. Laufende Einnahmen sind auf eine Periode ( Zeitraum bis zur nächsten Zahlung) zu verteilen.
Die Anwendung des Zuflussprinzips für laufende Einnahmen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 11 Abs. 2 SGB II) verstößt gegen Art. 1 Abs. 1 GG und ebenso liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.
Begründung
Bei Beginn des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II zum Ersten eines Monats und einmaligen Einnahmen:
Erfolgt die einmalige Zahlung vor dem Ersten, so steht diese der Person (deren Hilfsbedürftigkeit zu dem Zeitpunkt schon abzusehen ist) voll als Vermögen zu. Sofern die Zahlung nicht das Schönvermögen übersteigt kann diese zu beliebigen Zwecken (nicht Bestreitung des Lebensunterhalts) eingesetzt werden.
Erfolgt die Zahlung einen Tag später, so mindert diese den Leistungsbezug in jedem Fall. Mithin entsteht bei im wesentlich gleichen Fällen (wenn man sonst alles gleich hält - bis auf 1 Tag Unterschied beim Eingang der Zahlung) eine unterschiedliche Behandlung durch das Gesetz, die nicht gerechtfertigt ist. Derjenige der die Zahlung vorm Ersten erhält wird nicht verpflichtet daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, obwohl Hilfsbedürfigkeit schon absehbar ist. Es liegt also eine Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da hier eine Person im Vermögen benachteiligt wird.
Bei laufenden Einnahmen ergibt sich eine ähnliche Benachteiligung im Vermögen:
Vergleichen wir Person A und Person B. Beide arbeiten, beziehen danach Leistungen nach dem SGB II und kommen anschließend wieder in Arbeit.
Letzte Lohnzahlung von Person A ist am Ende des Monats. Am darauffolgenden Monat erhält A am ersten des Monats Leistungen, die er ansparen kann (Vermögenszufluss!), da er diese noch nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts benötigt (er kann die vom Ende das Vormonats erhaltene letzte Lohnzahlung nutzen).
Dies "schiebt sich durch" bis zum Beginn der neuen Beschäftigung, deren erste Lohnzahlung A am Ersten des Monats erhält (für den Vormonat also volle Leistungen nach dem SGB II, für den Monat der ersten Lohnzahlung den Lohn). Mithin ein voller Vermögensvorteil in Höhe einer Regelleistung + Kosten der Unterkunft für A.
Kehren wir für Person B die Zahlungszeitpunkte um, so ergibt sich ein Nachteil in ähnlicher Höhe - summiert also ein Unterschied in Höhe von Leistungen für 2 Monate beim Vermögen! Letzte Lohnzahlung am Ersten. Erste Leistung am Folgemonat - diese muss hier genutzt werden, da voriger Lohn verbraucht ist. Also kein Ansparen wie bei A.
Erste Lohnzahlung nach Leistungsbezug am Ende des Monats: Letzte Leistungen werden zum Ersten des Vormonats bezahlt. Die Person muss also zur Überbrückung für einen Monat vom Vermögen leben (mindestens Vermögensminderung in Höhe der zuvor erhaltenen Leistungen als Existenzminimum).
Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist offensichtlich.
Gegebenenfalls hat die Person auch kein Vermögen und keine Möglichkeit sich Geld zu leihen - dann wäre ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG möglich, da kein menschenwürdiges Existenzminimum zur Verfügung steht.
Etwaige - auf Antrag und nach Erbringung vieler Nachweise - gewährbare Leistungen als Darlehen die im Ermessen der Leistungsträger liegen und (auf Grund des Aufwands der dem Antragsteller entsteht) erst spät ausgezahlt werden beheben diesen Mangel nicht.
10 Monate ALG2 kassieren und dabei auch das Schonvermögen aufbrauchen - kein schlechtes Leben!
im 11. Monat arbeiten, aber dafür kein Geld kassieren (als Selbständiger schreibt man ja die Rechnung erst am Ende des Auftrags). Im 12. Monat ebenfalls arbeiten und die Rechnung schreiben - in Höhe des (so gut wie aufgebrauchten) Schonvermögens.
Damit wird das Schonvermögen wieder auf den Maximalbetrag aufgestockt und kann in den nächsten 10 Monaten wieder - zusätzlich zum ALG2-Bezug - aufgebraucht werden.
Ich denke, dass es wichtig ist, auch mögliche Missbrauchskonstellationen mit zu berücksichtigen. Die skizzierte Konstellation ist recht einfach umzusetzen - deshalb strikte Ablehnung der Petition!
Der_Max | Mon Sep 12 18:06:08 CEST 2016 - Mon Sep 12 18:06:08 CEST 2016
Nein, das wäre alles viel zu kompliziert ausdrücklich in Anbetracht der Tatsache, dass sich derzeit eine regelrechte Dienstleistungsbranche dahingehend etabliert hat, die Hartz-IV-Leistungen optimiert beziehen zu können. Wenn diese sich noch mit den Steuerberatern und einigen Amwälten zusammentut, entstehen so viele Gestaltungsmöglichkeiten, wie man sich heute noch gar nicht vorstellen kann.
Dagegen ist die heutige Regelung vergleichsweise klar und einfach. Es gibt Einnahmen und wenn diese nur geringfügig über dem Regelsatz liegen, fällt das unter die "Aufstocker-Regeln", so dass man tatsächlich etwas mehr übrig behält als den Regelsatz.
Hingegen würde die hier gewünschte Regelung nur zu weiteren Ungerechtigkeiten führen: Wenn jemand sein Schonvermögen ausgeschöpft hat, erfolgt Kürzung, sonst nicht. Also würde sparsame Lebensführung bestraft.
Letztlich stellt die Petition die Sinnhaftigkeit von geldwertem Schonvermögen in Frage - und das kann doch nicht ernsthaft gewollt sein.
SozialLiberalGerechtRLP | Sun Sep 11 18:27:52 CEST 2016 - Sun Sep 11 18:27:52 CEST 2016
Das ist interessant. So habe ich das noch gar nicht bedacht. Würde der Gesetzgeber aber sicher - spätestens nachträglich, sofern er nicht zuvor schon daran denkt - wohl bedenken und mit einbeziehen in eine Änderung.
Damit in einem solchen Fall das verbrauchte Schonvermögen wieder komplett aufgefüllt werden kann müsste ja auch tatsächlich in Höhe dieses Betrags gearbeitet werden.
Arbeitet man in den Monaten 1 bis 10 so sollte man nicht unnötig den Zahlungeingang verschleppen in dem man erst sehr spät die Rechnung stellt oder lange Zahlungsfristen einräumt um dann alles in Monat 11-12 auf ein Mal zu kassieren. (Das sollte dann als Missbrauch gewertet werden und auch auffallen und Geld anteilig auf den vorigen Monaten angerechnet werden.)
Anderer Fall natürlich wenn man in Monat 11-12 tatsächlich irgendwie lukrativ einen Auftrag hat. Die Frage ist: Sollte das nicht als "laufendes" Einkommen gewertet werden? Hier müsste man wohl einen Sonderfall anlegen und das ähnlich wie laufende monatliche Einkommen Nichtselbständiger werten.
Diese sollten ja auf die nächsten 30 Tage verteilt werden (statt in den Monat voll zugerechnet werden in dem sie zufliessen). Geht man bei dem Selbstständigen davon aus, dass dieser regelmässig nur 1x im Jahr so einen lukrativen Auftrag bekommt dann wäre das quasi vergleichbar mit einem jährlich gezahlten Lohn und müsste eben auf 12 Monate aufgeteilt werden (und dann angerechnet werden).
Sowas permanent zu Wiederholen (tatsächlich nur 1-2 Monate arbeiten, dann 10 Monate nicht) wäre sowieso mit Risiko verbunden. Dann fehlen einem in diesen 10 Monaten Praxis/Erfahrung was sich auch negativ auf weitere Aufträge/Aussichten auswirken könnte. Dann hätte man am Ende das Schönvermögen aufgebraucht und könnte es nicht aufstocken.
Würde dann solche Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit herausnehmen und dafür andere Regelungen anwenden und es hier auf z. B. Erbschaft, Lottogewinn und ähnliche Sachen beschränken - auf die der Hilfsbedürftige nicht wirklich viel Einfluss nehmen kann. (Ein bisschen schieben kann man schon aber unbegrenzt lässt sich die Auszahlung eines Lottogewinns nicht hinauszögern zum Beispiel.)