Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge für Fluorchinolon Antibiotika folgendes beschließen:
1. Einsatz nur in lebensbedrohenden Situationen
2. Ein eigenständiges Krankheitsbild für Fluorchinolon-Nebenwirkungen
3. Ein deutliches Warnsymbol für Verpackungen
4. Aktualisierung der Beipackzettel
5. Rote-Hand Briefe für alle Fluorchinolone
6. Hilfe für Geschädigte, Grundlagenforschung
7. Überprüfung von § 5 und § 69 Arzneimittelgesetz in Bezug auf Fluorchinolon-Nebenwirkungen
Begründung
1. Fluorchinolone können bereits nach wenigen Tabletten zu permanenten Schäden, massiven Behinderungen, lebenslanger Arbeitsunfähigkeit oder dem Tod führen. Trotzdem werden die zumeist als Reserve-Antibiotika klassifizierten Mittel in Deutschland jedes Jahr Millionenfach verordnet. Ciprofloxacin alleine 3,7 Mio im Jahr 2015. Fluorchinolone müssen daher umgehend stärker eingeschränkt werden und dürfen nur noch im äußersten Notfall als letzte Alternative verordnet werden.
2. Hersteller müssen im Beipackzettel explizit das Risiko einer invalidisierenden systemischen Fluorchinolonvergiftung benennen. Ärzte wurden bezüglich dieses Anwendungsrisikos und der verschärften Warnungen der FDA durch Rundschreiben der AkdÄ und der AMK bereits sensibilisiert, benötigen aber einen für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unabdingbaren ICD-Diagnoseschlüssel. Der Bundestag möge veranlassen, dass das für ICD-Codierungen zuständige DIMDI beispielsweise unter „T36.- Vergiftung durch systemisch wirkende Antibiotika“ einen Diagnoseschlüssel für invalidisierende Vergiftungen durch Fluorchinolone erstellt.
3. Fluorchinolone werden erfahrungsgemäß ohne jegliche Warnung/Aufklärung des Patienten verordnet - auch werden Beipackzettel oft nicht gelesen. Eine deutlich sichtbare Warnung auf der Verpackung ist daher unbedingt erforderlich, um eine Warnung der Patienten sicherzustellen.
4. Beipackzettel müssen eine Black Box Warning wie in den USA erhalten. Fehlende Nebenwirkungen wie u. a. dauerhafte Neuropathien, das schwere, multisymptomatische Syndrom, Arthrose bei Erwachsenen, Mitochondrienschäden, DNA Schäden, multiple Chemikaliensensibilität, Gastritis, Schluckbeschwerden, Haarausfall, Schilddrüsenanomalien, sexuelle Funktionsstörungen und Fruchtbarkeitsprobleme müssen ergänzt werden. Monate bis Jahre anhaltende Wechselwirkungen mit Medikamenten müssen genannt werden. Das mit 1:10.000 angegebene Risiko für Sehnenbeschwerden muss bei Ciprofloxacin zu 1:224 und Ofloxacin zu 1:105 korrigiert werden (Quelle: AkdÄ).
5. Rote-Hand-Briefe müssen für alle aktuellen und künftigen Fluorchinolone gelten und den Patienten mit dem Antibiotikum ausgehändigt werden. Das Risiko dieser Gruppe ist nicht kalkulierbar, da schon sehr wenige Tabletten zu dauerhaften Behinderungen oder dem Tod führen können.
6. Es gibt mangels fehlender Forschung weder Heilmittel für die Nebenwirkungen, noch präventive Unverträglichkeitstests. Es müssen nicht nur kompetente Anlaufstellen für Betroffene geschaffen werden, es müssen auch Forschungen für Behandlungsmethoden in die Wege geleitet werden. Unabhängige Studien zur vollständigen Biotoxifizierung von Ciprofloxacin und anderer Fluorchinolone im Menschen sind dazu unbedingt erforderlich.
7. Der Bundestag möge prüfen, ob das „vertretbare Maß“ an Nebenwirkungen (Arzneimittelgesetz, §5 (2), §69 (1), 4.) aufgrund der aktuellen Warnungen der FDA sowie der momentanen Studienlage nicht bereits überschritten ist.
Zitate aus deutschen Selbsthilfegruppen
"Was für eine Horrornacht. Um 2 Uhr morgens aufgewacht. Überall Ausschlag, extreme Atemnot, geschwitzt und gezittert. Ein Wahnsinn was da abgeht. Ich frag mich ob man sowas überleben kann auf Dauer. Ich hasse dieses Gift!" (8. Monat)
"Bei mir wird es immer schlimmer. Bin sicher, dass ich eine Polyneurophtie entwickelt habe. Und die Gelenkschmerzen, in verschiedenen Gelenken eine Arthrose sind."
"Diese abgestochenen permanenten Dauermagennervenschmerzen bis hin zum tagelang nichts mehr Essen können und bewusstlos werden sind da glaub auch überhaupt nicht thematisiert ? Ich weiß bis heute noch nicht, was mir gut tut und was nicht, da praktisch immer stärkste Symptome vorhanden sind. Monat 10"
"Jan 2012 mit Augentropfen gefloxt. Dann Zusammenbruch mit Bandscheibenvorfall, Achillessehnenanriss, dann Beinschmerzen und um Weihnachten herum die schlimmsten Neuropathien unter der Sonne."
Julia3-64-N | 24.12.2016 - 09:03
Grundlagenforschung pauschal zu verurteilen ist derzeit Mode - aber wenig hilfreich. Die Grundlagenforschung im Blick auf die Nebenwirkungen von Contergan führte dazu, dass in den USA dieses Mittel gar nicht erst zugelassen wurde. Klinische Studien - am besten doppelt verblindet - braucht es unbedingt, um einigermaßen objektiv und ohne Lobbyinteressen der Pharmakonzerne und deren Aktionäre prüfen zu können, was wirklich hilft. Gut, dass es Cochrane gibt!
Mehr dazu in der Süddeutschen Zeitung im Artikel "Neue Laxheit bei Medikamententests" (19.12.2016) und die Problematik der "real world experience" Argumentation, die eben nicht epidemologisch fundiert ist.
Wer sich zum Thema leicht und allgemeinverständlich informieren will, dem sei das Buch "Epidemiologie für Dummies" ans Herz gelegt.
Julia3-64-N | 24.12.2016 - 08:58
Dann braucht es aber mehr Geld für verpflichtende Fortbildungen von Ärzten und mehr Spielraum, damit die in ihrem Praxismanagement auch noch genügend Zeit haben, sich durch Studien und Warnhinweise durchzuarbeiten. Wer rein marktwirtschaftlich dauernd auf Mediziner Druck aufbaut, kann kaum erwarten, dass diese immer die Sicht des Patienten im Blick haben - selbst wenn es wünschenswert wäre. Aber die Konkurrenz belebt eben nicht nur das Geschäft, sondern ist manchmal auch sehr gefährlich, wenn es um das Allgemeinwohl geht. Daher sollte man die Petition zeichnen und lieber an anderer Stelle im Gesundheitswesen nachbessern.
Audax | 19.12.2016 - 18:18
Tierversuche lehne ich ab; auch „Grundlagenforschung“ muss tierversuchsfrei erfolgen.
Petitionsbegründung, Punkt 6: „mangels fehlender Forschung“. Gemeint ist wohl das Gegenteil: „mangels Forschung“ bzw. „wegen fehlender Forschung“.
Lebensschützer | 13.12.2016 - 16:25
@KattaV, wenn Sie den Beitrag von Nutzer 1114723 vom 03.12.2016 in diesem Diskussionszweig lesen sollte Ihnen klar werden, dass es für diese Wirkstoffgruppe sehr wohl Indikationen gibt, die ihren Einsatz unverzichtbar machen. Da ich im Pharmazie- und Arzneimittelrecht nicht zu Hause bin, kann ich nicht beurteilen, inwieweit eine Einstufung als Gift möglich und zielführend ist. Allerdings sei daran erinnert, dass sehr viele Arzneimittel toxisch wirken können, wobei dies zum einen von der Konzentration des Wirkstoffs und zum anderen selbstverständlich vom Anwender abhängig ist. Es sollte bekannt sein, dass ein und dasselbe Medikament bei verschiedenen Patienten durchaus unterschiedliche Wirkungen entfalten kann.
Da ich bereits vor einigen Wochen durch einen Bericht in der ARD auf den Horror, der durch diesen Wirkstoff verursacht werden kann, und auf den leichtfertigen Umgang der deutschen Behörden im Umgang mit dessen Anwendung aufmerksam geworden bin, zeichne ich diese Petition selbstverständlich mit. Allerdings ist mir nicht völlig klar, ob die unter Punkt 2 aufgeführte Forderung tatsächlich in diesem Zusammenhang notwendig und zielführend ist. Wenn ich den bereits erwähnten ARD-Bericht richtig in Erinnerung habe, sind die durch diesen Wirkstoff verursachten Schädigungen extrem vielfältig. Angesichts dessen stellt sich mir die Frage, ob die Einführung eines eigenen ICD-10-Schlüssels überhaupt möglich und, falls diese Frage bejaht werden kann, sinnvoll ist. Wenn ich richtig informiert bin, dient dieser Schlüssel u.a. dazu, ärztlich verordnete Therapien gegenüber der Krankenkasse zu begründen. Ist also ein solcher Schlüssel sinnvoll, wenn die mit ihm beschriebene Erkrankung durch extrem viele verschiedene Auswirkungen (Symptome) gekennzeichnet ist?
CYBERYOGI =CO=Windler | 07.12.2016 - 05:59
Man muss solches "Teufelszeug" ähnlich einstufen wie komplette Magen- oder Nieren- oder Gliedmaßenentfernung bei Krebs, oder zumindest mit der Giftigkeit von Chemotherapie. Sie kann Leben retten (daher KEIN Totalverbot), aber sowas ist absolut kein Spielzeug und darf niemals leichtfertig oder aus Profitinteresse der Pharmakonzerne massenhaft verschrieben werden.
=>Mitzeichnung!
Randberliner | 06.12.2016 - 23:25
Es gibt zumindest viele, die sich in der beschriebenen Weise dopen, um kurzfristig am Ball zu bleiben. Und auch viele Ärzte, die bei diesem lausigen Spiel mitmachen.
Ebenfalls zu recht genannt: Die Landwirtschaft. Allerdings hilft es den Verbrauchern wenig, wenn sie stets nach den teureren Angeboten greifen, da diese oft genug unter ebenso erbärmlichen Bedingungen produziert werden. Hier helfen nur mehr Transparenz und eine rigorose Kontrolle. Der Markt allein kann es ebenso wenig richten wie die 22 Mann auf dem Spielfeld, wenn nicht jemand mit Trillerpfeife, gelber und roter Karte mitläuft.
Und das gilt ebenso für die Pillendreher. "Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser!" Geht leider nicht anders.
Grundsätzlich brauchen wir so etwas wie eine Schulmedizin. Doch die muss offen sein für neue Erkenntnisse, offene Augen haben für das, was im Argen liegt und auch wahrnehmen, wenn etwas zum Himmel stinkt. Wie einst der "Retter der Mütter" Ignaz Semmelweis, der sich sagte, es könne doch nicht sein, dass gewisse Weibspersonen, die ihre Kiner auf der Straße zur Welt brachten, eine höhere Überlebenschance hatten, als die, die sich der Fürsorge einer Universitätsklinik anvertrauten.
Entangled | 05.12.2016 - 20:13
In der Petition wird wohlgemerkt kein Handelsverbot gefordert. Patienten, die unter schwerwiegenden Erkrankungen leiden, auf Fluorchinolone angewiesen sind und diese vertragen, sollten auch weiterhin Fluorchinolone bekommen. Allerdings repräsentieren die Fluorchinolone eine Wirkstoffgruppe, welche schon bei therapeutischen Serumkonzentrationen schwere Zellschäden verursachen kann, im Gewebe in ungleich höheren Konzentrationen kumuliert und erst nach Monaten oder Jahren das volle Ausmaß der Intoxikation erkennen lässt. Fluorchinolone können Leben retten oder zerstören: Nach Expertenschätzungen starben allein in den USA zwischen 1997 und 2011 bis zu 300.000 Patienten durch Fluorchinolonanwendung; bis zu 21.000.000 Patienten sind oder waren von Nebenwirkungen betroffen. Bedenklich scheint, dass Fluorchinolone schon bei therapeutischen Konzentrationen das Mikrobiom und die mitochondriale DNA irreversibel schädigen können und über ein höheres genotoxisches und mutagenes Potential verfügen als sonstige handelsübliche Antibiotika.
Einige Fluorchinolon-assoziierte Nebenwirkungen sind tatsächlich lange bekannt, wurden aber, wie im Fall des für alle Altersgruppen geltenden erhöhten Arthroserisikos, in Fachinformationen nicht korrekt kommuniziert. Lebensbedrohliche Anwendungsrisiken wie z. B. Schlaganfall wurden trotz statistisch signifikanter Ergebnisse nicht weiter untersucht oder in Fachinformationen berücksichtigt. Zudem gab es unvollständige Herstellerangaben sowohl zur Häufigkeit einzelner Nebenwirkungen als auch zum Risiko eines chronisch-systemischen Toxidroms. Darüberhinaus förderten jüngere Studien erhebliche Anwendungsrisiken zutage (z. B. permanente periphere Neuropathie, Diabetes, Netzhautschäden). Wären diese Nebenwirkungen qualititativ und quantitativ vernachlässigbar, hätte die FDA auf eine aktuelle Verschärfung der Warnhinweise verzichtet.
Nur verschreibende Ärzte für das Problem verantwortlich zu machen, greift zu kurz. Mitochondriale Erkrankungen stehen nicht im Fokus der Schulmedizin, und systemimmanente Probleme umfassen aggressives life cycle management, lückenhafte Fachinformationen und das quid pro quo zwischen Herstellern und Behörden, insbesondere hinsichtlich der Auswertung von Anwendungsbeobachtungen bzw. periodischen Sicherheitsberichten. Eine Schulung der Ärzte über Anwendungsgebiete ist kein probates Mittel, da Anwendungsgebiete von pharmazeutischen Herstellern lanciert werden und die unabhängige Forschung hier suboptimal aufgestellt ist. Die Entwicklung strukturell modifizierter, antimikrobiell wirksamer und nachweislich besser verträglicher Chinolon-Alternativen (siehe Nemonoxacin) wäre eine sinnvollere Option.
KattaV | 05.12.2016 - 18:16
Ich erlaube mir hier mal die Frage, bei welchen Indikationen ein solches Teufelszeug Anwendung findet? Bei millionenfacher Verschreibung dieser Medikamente muss es schließlich auch entsprechend viele Leiden geben, die damit behandelt werden.
Wenn wenige Tabletten bereits zum Tod führen können, handelt es sich dann überhaupt noch um eine Arzenei? Oder dürfen wir das Medikament dann nicht viel eher den Giften zuordnen?
Ich habe früher auch selten den Beipackzettel durchgelesen, wenn ich ein Medikament verschrieben bekommen habe. Ich habe mich sehr naiv darauf verlassen, dass Ärzte und Apotheker schon wissen, was sie tun. Das hat sich mit der Geburt meines Sohnes schlagartig geändert.
Da ich mich einst auch schon für die Horrorfotos auf Zigarettenpackungen ausgesprochen habe, zeichne ich mit. Vor solchen Giften muss gewarnt werden!
toha666 | 05.12.2016 - 13:31
Ich (Mitzeichner, jedoch nicht Verfasser des Beitrages, auf welchen Sie sich beziehen) schlage vor, das in zunehmenden Maße auf Phagen-Therapie zurück gegriffen. Ich habe zwar nichts gegen Alexander Fleming oder Ernest Duchesne, aber der blinde Glaube an die Allwirksamkeit von Antibiotika sollte auch bei uns allmählich zu einem Ende finden.
mj-mija | 04.12.2016 - 15:55
Ich zeichne mit, da ich aufgrund der Einnahme von Ciprofloxacin bei 'Verdacht auf Nierenbeckenentzündung' schwer geschädigt wurde.
Weder wurde mit einem anderen Antibiotika zuvor behandelt, noch war ein Antibiogramm verfügbar.
Auch wurde ich nicht darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein Reserveantibiotika handelt und die NW irreversibel sind.