Text der Petition
1. Den gesetzlichen Krankenversicherungen aufzuerlegen, Bezieher von ALG II und Grundsicherung grundsätzlich aufzunehmen, unabhängig von ihrer vorherigen Versicherung. Wer nach dem Bezug von ALG II die Beiträge für die PKV nicht mehr bezahlen kann, sollte die Möglichkeit bekommen, in die GKV zu wechseln.
oder
2. die Vereinbarung des Verbandes der Privaten KV mit den ärztlichen Vereinigungen hinsichtlich Abrechnung beim Basistarif mit Faktor 1,2 bzw 2,0 als gesetzwidrig zu erklären.
Begründung
Als früherer Selbständiger (seit 1981 in der PKV versichert) konnte ich nicht in die GKV wechseln, nachdem ich in den Hartz-IV-Bezug "abgerutscht" bin. Meine alte private KV hat mich erst nach Einschaltung eines Anwalts in den Basistarif aufgenommen. Der Beitrag wurde um 50% reduziert, und das JC bezahlt diesen Betrag.
Nun habe ich immer wieder dieselben Probleme, es ist fast unmöglich, einen Arzt zu finden, der mich behandelt, geschweige denn zeitnahe Behandlungstermine zu bekommen.
Der Verband der privaten KV hat mit der Kassenärztlichen Vereinigung ein Abkommen getroffen, dass für Patienten im Basistarif nur noch der 1,2 fache Gebührensatz abgerechnet werden kann (Zahnarzt mit 2,0 fach). In der Praxis ist es aber so, dass Kassenärzte sich regelmäßig weigern, mich zu diesem Satz zu behandeln. Ich habe bereits zweimal den Hausarzt wechseln müssen. Bei Zahnärzten bekommt man zu 100% die Auskunft, dass man mich nur dann behandelt, wenn ich vorher unterschreibe, dass ich die Differenz zwischen 2,0 und 2,3 bzw. 2,5 fachem Faktor selbst bezahle.
Durch diese Vereinbarung wird in der Praxis die Absicht des Gesetzgebers unterlaufen, mit der Schaffung des Basistarifes den ehemals privat krankenversicherten ALG-II-Empfänger bzw. Empfänger von Alters-Grundsicherung eine der GKV entsprechende, menschenwürdige Heilfürsorge zu garantieren.
Es ist mir bekannt, dass dieses Thema bereits im Zusammenhang einer Petition diskutiert wurde, siehe hier: http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/0118/presse/hib/2011_03/2011_087/03.html# . Hier wird u.a. ausgeführt: "Die Regierung fügt hinzu, ihr seien ”einzelne Fälle“ bekannt, in denen Vertragsärzte und –zahnärzte die Behandlung von Basistarifversicherten abgelehnt hätten."
Einzelne Fälle? Das ist einfach lächerlich, spätestens heute kann von Einzelfällen nicht mehr die Rede sein - nach meiner persönlichen Erfahrung tritt dieses Problem bei 90 % aller Ärzte und 100 % aller Zahnärzte auf, ich kenne aus entsprechenden Internetforen zahllose Fälle, in denen andere dieselben Erfahrungen machen.
Selbst Ärzte, die von den kassenärztlichen Vereinigungen als Alternativen benannt werden, behandeln z.T. gar nicht zum Basistarif bzw. wimmeln solche Patienten mit Hinweis auf "nächster Termin in 3 Monaten" etc. ab.
Der Gesetzgeber hat den PKV den Basistarif gesetzlich vorgeschrieben, und der Verband der PKV geht dann hin und trifft zum Nachteil der Versicherten eine Vereinbarung mit den kassenärztlichen Vereinigungen, um bei dem ungeliebten Basistarif Kosten zu sparen, aber fast kein Arzt hält sich an diese Vereinbarung! Davon abgesehen, wehren sich die PKV mit Händen und Füßen gegen jeden, der in den Basistarif will, auch dann, wenn sie zur Aufnahme verpflichtet sind (ich habe 4 Ablehnungen von PKVs bekommen).
Im übrigen wäre es für den Gesetzgeber wohl auch kostengünstiger, denn als ALG II-Bezieher bekomme ich heute vom Jobcenter monatlich €382,43 für die PKV u. Pflegeversicherung, bei der AOK würde das nur ca €180 kosten
Der Zahnarzt hat mir einen Heil- und Kostenplan erstellt, mit Kosten von 330,71 € für zahnärztliche Leistungen plus 610,00€ für Laborkosten, gesamt also 940,71€. Dies ist eine absolute Minimallösung zu minimalsten Kosten. Nicht einmal in Ungarn würde ich weniger bezahlen.
Wäre ich bei der GKV versichert, würde ich als Hartz4-Empfänger durch die Härtefallregelung allein 688€ für Laborkosten bekommen (doppelter Festzuschuß), die zahnärztlichen Leistungen würden ebenfalls vollständig bezahlt. Die Sachbearbeiterin beim Zahnarzt, die früher bei einer GKV gearbeitet hat, sagte mir dass die AOK bis zu 2000€ insgesamt ohne Eigenanteil bezahlen würde.
Meine Versicherung, die Hallesche, übernimmt 652,67€ insgesamt, also noch nicht einmal das Doppelte des Festzuschusses wie er bei der GKV vorgesehen ist, von den zahnärztlichen Leistungen ganz zu schweigen.
Wie ist das mit dem Prinzip der Gleichstellung mit den GKV-Versicherten zu vereinbaren? Und wie bitte soll ein Hartz-4 Bezieher knapp 300€ Eigenanteil aufbringen???
Dies ist nur ein Beispiel. Ca. 80% der von mir in den letzten 3 Jahren eingereichten Arztrechnungen wurden von der PKV nur zum Teil bezahlt. Es werden ständig neue Begründungen erfunden. Im Endeffekt mußte ich in den letzten 3 Jahren mehrere Hundert Euro aus meinem Hartz4-Regelsatz als Eigenanteil bezahlen.
Nimmt man die Schwierigkeiten hinzu, überhaupt einen Arzt zu finden, der zum Basistarif behandelt, so kann von einer menschenwürdigen Heilfürsorge absolut keine Rede sein. Die Versorgung auf GKV-Niveau durch den Basistarif (wie es die Absicht des Gesetzgebers war) ist eine Illusion. Die aktuelle gesetzliche Regelung erlaubt mir und anderen Hartz4-Empfängern in gleicher Situation KEINEN Zugang zu den einfachsten medizinischen Leistungen ohne ständiges Zuzahlen.