
Diskussion zur Petition 113349
Öffentliche Sicherheit
Durchführung einer Studie zum "Racial Profiling" bei den Polizeibehörden des Bundes/der Bundesländer vom 06.07.2020
Diskussionszweig: Polizei und Gesellschaft können nur gewinnen: Studie zu "Racial Profiling" bei den Polizeibehörden des Bundes/der Bundesländer
Tatsächlich haben alle Menschen im Land gleiche Rechte, Schutz und Hilfe durch die Polizei- und Ordnungsbehörden im Land zu erhalten. Erste, vermutlich gute Eindrücke, können aber rasch konterkariert werden, wenn Menschen mit einer Herkunft aus Ländern des globalen Südens (vielleicht genügt auch schon Südosteuropa), auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte treffen, welche bei ihrem Handeln Vorurteile, Abwehr, rassistische Motive bis hin zur Willkür erkennen lassen, eben "Racial Profiling". Dafür genügen bereits interkulturelle Missverständnisse. Auch durch solche Erfahrungen werden letztendlich das Entstehen der gerne vorschnell kritisierten "Parallelgesellschaften" und "Clanstrukturen" gefördert, da die Menschen mit Herkunft aus dem globalen Süden nun auch in Deutschland ihre eigenen, verfestigten Erfahrungsbilder mit staatlichen Autoritäten bestätigt finden. Dabei können gerade Erfahrungen und Hinweise von Migrantinnen und Migranten sehr wertvoll sein, um Straftaten vorzubeugen oder Straftaten aufzuklären, gerade solcher organisierter Art.
Beide Seiten sind beim Kontaktversuch Stressphänomenen ausgesetzt: gelingt der interkulturelle Kontakt, gelingt das Überwinden der Sprachbarriere, werden die jeweiligen Anliegen verstanden, welchen ungewissen Risiken setze ich mich jetzt aus, wie wird der jeweilige andere reagieren? Unter Stress setzen sich tief eingeprägte kulturell bedingte Handlungsmusster rasch durch, wozu auch eingeübte Ressentiments und Vorurteile gegenüber Ausländerinnen und Ausländern bzw. Autoritäten zählen. Eingeübte Rollenbilder wollen jetzt eingehalten werden.
In der im Vergleich zu anderen Nationen ausgesprochen guten wie intensiven Ausbildung lernen deutsche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, mit solchen Situationen zu kooperieren, ihr eigenes Verhalten einzuschätzen. Auf der anderen Seite bleiben über Generationen hinweg tradierte Bilder, Frames zu Rollen- und Geschlechterbildern und dem Verhältnis Inländer zu Ausländer im Instinkt verhaftet. Zu beachten ist, dass rassistisch konnotierte Clichés und Stereotype bereits im Kindesalter Vermittlung und Einprägung finden. Hinzu kommen Gruppenverhalten, Gruppenmechanismen, welche besonders in auf einen besonderen Teamgeist hin trainierte wie hiearchisierte Gruppen wie Polizeieinheiten eine starke Wirkung haben, sowie Erfahrungen aus früheren wie aktuellen Frustrationen, Verlusterfahrungen oder Traumatisierungen. Nicht zu vergessen sind die besonderen Machtmittel durch Gesetze, Training und Waffen wie Schutzkleidung und Protektion durch die Gruppe, welche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten deutlich größere Aktionsmöglichkeiten eröffnen.
Durch eine geschickte Definition des Studienschwerpunkts zu der hier geforderten Studie können die Ausbildung und die Wirksamkeit der Polizeiarbeit verbessert werden, selbst bei Annahme des schlimmstmöglichen Ausgangsszenarios, dass auch unter Polizeieinheiten rassistische Frames stark verbreitet sein sollten. Wovon aber zunächst nicht als Prämisse auszugehen ist. Vielmehr, und das scheinen erste Untersuchungen, so in Berlin, zu zeigen, scheint die Problematik auf Einzelfälle fokussiert zu sein.
In der Gewerkschaft der Polizei und damit in den einzelnen Polizeibehörden wird eine Studie zu "Racial Profiling" kontrovers diskutiert, von Ablehnung bis hin zu Begrüßung. Der Versuch sollte einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft gut zu Gesicht stehen. Die Vorteile und langfristig möglichen positiven Wirkungen überwiegen eindeutig.