Text der Petition
Die gesetzlichen Fristen nach § 295 I S.1 SGB V und § 360 I SGB V für die verpflichtende elektronische Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU) und vertragsärztlichen Verordnungen (eRezept) ebenso wie für alle künftigen Anwendungen innerhalb der TI müssen derart ausgestaltet werden, dass prinzipiell Flächentests über zwölf Monate eingeführt werden. Bei Anwendungen im Regelbetrieb müssen Ersatzverfahren dauerhaft angewendet werden können, insb. bei technischen Störungen.
Begründung
Jährlich werden in Deutschland circa 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und rund 500 Millionen Rezepte ausgestellt. Benötigt ein Patient eines dieser Formulare, muss er sich auf eine zügige, reibungslose und vertrauenswürdige Ausstellung verlassen können. Gleichzeitig muss der designierte End-Empfänger - also die Krankenkasse bzw. Apotheke - das Formular ohne Zwischenfälle erhalten und unbeschwert verarbeiten können.
Diese für Patienten, Ärzte, Apotheken und Krankenkassen hoch kritischen Massenanwendungen werden gemäß aktueller Gesetzeslage in ganz Deutschland ohne angemessene Testphasen als digitale Prozesse innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) eingeführt. Diese revolutionären Verfahren verursachen massive Umstellungen in den Abläufen von Arztpraxen, Apotheken und Krankenkassen. Die erforderlichen technischen Voraussetzungen standen Ende September aber noch lange nicht flächendeckend bei allen Anwendern zur Verfügung.
Mangels ausreichender Tests im Vorfeld der Einführung ist nicht bekannt, welche Mängel in der Technik vorhanden sind, geschweige denn wie fehleranfällig und belastbar das Gesamtsystem ist. Mit der verpflichtenden, stichtagsbezogenen Einführung der genannten Anwendungen werden alle Arztpraxen, Apotheken, gesetzlichen Krankenkassen und letztlich auch alle gesetzlich Versicherten als Betatester im Livebetrieb zu Versuchskaninchen im Gesundheitswesen!
Die Einführung der TI-Anwendungen eAU und eRezept muss daher über die ersten zwölf Monate als Testphase ausgestaltet werden, an der sich die Anwender freiwillig beteiligen können. Eine entscheidende Voraussetzung für Massenanwendungen im Produktivbetrieb ist eine ausreichende Marktreife, die nur durch sorgfältige Flächen- und Lasttests erreicht werden kann. Digitale Verfahren, bei denen eine Vielzahl an komplexen Komponenten ineinander greifen und zusammenwirken müssen, bei denen auch organisatorische Prozesse überprüft und angepasst werden müssen, sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht hinlänglich erprobt und begutachtet werden konnten.
Siehe auch Parallelanschlüsse durch CGM und weitere beim Rollout entgegen BSI Richtlinie. CGM hat beim Rollout den seriellen Anschluss offenbar nicht unterstützt. Praxis konnte ihn einrichten, jedoch ohne Support vom Hersteller. O-Ton Hotline bei Nachfrage: "das dürfen Sie nicht".
Es findet offensichtlich keine systemische Erprobung der Komponenten statt. Somit fallen auch die sicherheitsrelevanten Fehler erst in der Praxis auf. CGM KIM-Assist unterstützt zum Einführungszeitpunkt offenbar keine Authentifizierung im LAN, obwohl das KIM-Modul selbst die Funktionalität darstellen kann. Grund hierfür ist mutmaßlich, dass kein sicherer Passwortspeicher von CGM implementiert wurde. Somit müssen Praxen, die CGM-KIM einsetzen, derzeit entweder kein KIM verwenden oder gegen Anlage 5 Nr. 5 der KBV-Richtlinie nach §75b SGBV verstoßen. Obwohl BSI und Gematik das Problem kennen und kennen müssen, wird das Produkt m.W. derzeit nicht öffentlich bewarnt.
Ohne Industrieaufsicht und systemische Tests wird die Telematik scheitern.