Herzlich Willkommen auf den Internetseiten des Petitionsausschusses des deutschen Bundestages. Jedermann hat die Möglichkeit, Bitten oder Beschwerden an den Deutschen Bundestag zu richten.

Um direkt zu entsprechenden Bereichen zu springen verwenden Sie die Sprungmarken wie folgt:

Auf dem Bild sehen Sie ...

Diskussion zur Petition 131315

Aufenthaltstitel

Aufenthaltstitel nach § 22 AufenthG für Deserteure der russischen Streitkräfte vom 27.02.2022

Diskussionszweig: Asyl

Nutzer486998 | 03.05.2022 - 12:12

Asyl

Anzahl der Antworten: 7

Deserteure sind politisch verfolgt und haben daher Anspruch auf Asyl nach Art. 16 a GG. Die Forderung der Petition ist daher inhaltlich bereits erfüllt.
1

Kai Burghardt | 31.05.2022 - 11:05

Zitat: von Peter P aus B
[…] Was genau passiert denn mit einem Russen, der irgendwie nach Deutschland einreist, und hier öffentlich den Krieg in der Ukraine als Krieg bezeichnet? Wird er nach Russland abgeschoben […]?

Richtig. Wenn „politische Verfolgung“ als Asylberechtigungsgrund angegeben wurde, dann darf man dies nicht mutwillig oder rechtsmißbräuchlich herbeigeführt haben. Die Unterbindung des (wohlgemerkt nicht klar definierten) „Asylmißbrauchs“ war maßgeblicher Gegenstand bei der Abschaffung des Asylrechts (euphemistisch auch „Asylkompromiß“ genannt).

Flüchtling sein heißt nunmal zu flüchten. Flüchten bedeutet ungeplant eine Situation, einen Ort vor einer konkreten drohenden Gefahr zu verlassen. Wenn ich in fünf Minuten aus meinem Haus renne und dann die Hütte anzünde, dann ist das nicht Flüchten, sondern Brandstiftung.

1

Peter P aus B | 31.05.2022 - 07:30

Zitat: von Kai Burghardt
Zitat: von Peter P aus B
[…] - in das Land gelangen, in dem er Asylant werden möchte
Nee, nee, nee, so einfach geht das nicht. Der Asylantrag ist unverzüglich, bereits bei der Einreise zu stellen, § 13 Ⅲ AsylG, und der BGS hat die Einreise zu verweigern, § 18 Ⅱ AsylG. Wer das nicht tut, begeht erstmal irgendeine Straftat nach § 95 AufenthG.
Zitat: von Peter P aus B
- öffentlich (z.B. auf Youtube) den Krieg in der Ukraine als Krieg bezeichnen. […]
Der Asylberechtigungsgrund muß bereits im Antrag dargelegt werden. Und der Gesetzgeber ist nicht doof und beschränkt bei Asylanten das Recht auf freie politische Betätigung, § 28 AsylG:
Zitat:
§ 28 Nachfluchttatbestände
⑴ ¹Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. […]



Was genau passiert denn mit einem Russen, der irgendwie nach Deutschland einreist, und hier öffentlich den Krieg in der Ukraine als Krieg bezeichnet?
Wird er nach Russland abgeschoben, wo er wegen dieser Äußerung für 15 Jahre in den Knast wandert?

0

Kai Burghardt | 30.05.2022 - 09:27

Zitat: von Peter P aus B
[…] - in das Land gelangen, in dem er Asylant werden möchte
Nee, nee, nee, so einfach geht das nicht. Der Asylantrag ist unverzüglich, bereits bei der Einreise zu stellen, § 13 Ⅲ AsylG, und der BGS hat die Einreise zu verweigern, § 18 Ⅱ AsylG. Wer das nicht tut, begeht erstmal irgendeine Straftat nach § 95 AufenthG.
Zitat: von Peter P aus B
- öffentlich (z.B. auf Youtube) den Krieg in der Ukraine als Krieg bezeichnen. […]
Der Asylberechtigungsgrund muß bereits im Antrag dargelegt werden. Und der Gesetzgeber ist nicht doof und beschränkt bei Asylanten das Recht auf freie politische Betätigung, § 28 AsylG:
Zitat:
§ 28 Nachfluchttatbestände
⑴ ¹Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. […]

1

Peter P aus B | 30.05.2022 - 07:29

Zitat: von Nutzer486998
Deserteure sind politisch verfolgt und haben daher Anspruch auf Asyl nach Art. 16 a GG. Die Forderung der Petition ist daher inhaltlich bereits erfüllt.



Aehm, nein.

Allerdings ist es für Russen sehr einfach, einen Anspruch auf Asyl zu erwerben.

Das einzige, was ein Russe - egal ob Deserteur oder nicht - dafür tun muss, ist:
- in das Land gelangen, in dem er Asylant werden möchte
- öffentlich (z.B. auf Youtube) den Krieg in der Ukraine als Krieg bezeichnen.

Dann entsteht eine Situation, in der er wegen seiner politischen Meinung in seinem Heimatland verfolgt wird.
Gleichzeitig greift nicht die Regelung der sicheren Drittstaaten, weil er diese zwar auf dem Weg in sein Wunschland möglicherweise durchquert hat, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht politisch verfolgt war.

0

Kai Burghardt | 03.05.2022 - 21:00

Zitat: von Nutzer486998
Deserteure sind politisch verfolgt und haben daher Anspruch auf Asyl nach Art. 16 a GG. […]
Sie sind ein typisches Beispiel für beschränktes Geschichtswissen. Ursprünglich enthielt Art. 16 Ⅱ 2 GG alte Fassung eine unbeschränkte Asylgarantie.
Zitat:
[…] Das Anwachsen der internationalen, häufig kriegs‑ und armutsbedingten Flüchtlingsströme und die zunehmende Attraktivität der Bundesrepublik in wirtschaftlicher Hinsicht führten allerdings dazu, dass die Asylbewerberzahlen beständig anstiegen und Anfang der 90er‑Jahre Höchststände erreichten. 1993 kam es nach langer Debatte über den „Asylmissbrauch“ auf politischer Ebene zum „Asylkompromiss“. […]
Volker Epping: Grundrechte (2. Auflage), Rn. 934 (S. 392)
Zitat:
[…] Art. 16 Abs. 2 S. 2 a. F. [wurde] zu Art. 16a Abs. 1 GG und letzterer wurde in Art. 16a Abs. 2 – 5 GG Schranken unterworfen, die so weit gehen, dass aus der ursprünglichen absoluten Garantie ein nicht nur beschränkbares Grundrecht geworden ist. Vielmehr ist mit Art. 16a GG ein grundrechtlicher Gehalt für das deutsche Asylrecht praktisch irrelevant geworden.
Lothar Michael, Martin Morlok: Grundrechte (2. Auflage), Rn. 410 (S. 210)

Konkret mit bezug auf dem Einfall vom 24. Februar d. J. russischer Truppen heißt das: Asylrecht für Deserteure, also jemanden, der sich unerlaubt seiner Militärdienstpflicht entzieht, läuft ins Leere.
  • Der hierzulande herrschenden politischen Meinung zufolge beginge Rußland Kriegsverbrechen. Mit dieser Ansicht sind diejenigen Soldaten, die bereits sich in der Ukraine befinden bzw. befunden haben, ausgeschlossen. So heißt es im Asylgesetz:
    Zitat:
    § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft
    ⑵ ¹Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
          1. ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
          […]
       ²Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.
    Also in einem Wort: „Ätsch!“
  • Diejenigen Soldaten, die sich noch in Rußland befinden, und wegen ihren politschen Überzeugungen, § 3 Ⅰ Nr. 1 AsylG, bei uns Asyl suchen wollten, hätten es ebenfalls schwer. Zwar könnte man jetzt vielleicht „Verfolgungshandlung“ bejahen
    Zitat:
    § 3a Verfolgungshandlungen
    ⑵ Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
         5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
    aber Absatz 3 stellt hier eine hohe Hürde:
    Zitat:
    ⑶ Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

    Im Kapitel 33 des russischen Strafgesetzbuches, spezifisch Artikel 338, bestraft Desertation allgemein, also ohne Bezug zur Ukraine. Das BAMF wird letztlich jedem Deserteur aus Rußland vorhalten, daß er in Wahrheit für den Krieg sei, denn er habe sich freiwillig für die Armee gemeldet. [Wehrpflichtige sind im übrigen von Auslandseinsätzen generell ausgenommen, sodaß diese aktuell keine Ukrainespezifische Verfolgung zu befürchten hätten.]

Es ist auch „leider“ zu doof jetzt, daß man gerade nicht direkt von Rußland nach ’Schland einreisen kann. Mal abgesehen von den Besonderheiten im Flughafenverfahren, wer über ein anderes Land einreist, müsse darlegen, warum er nicht dort Schutz beantrage.

Soviel also zum Asylrecht für politisch Verfolgte. Und bei dem in dieser Petition vorgeschlagenen § 22 AufenthG sage ich Nein:
Menschen sind keine Spielfiguren.

8

Nutzer2917297 | 03.05.2022 - 13:26

Zitat: von Nutzer486998
Deserteure sind politisch verfolgt und haben daher Anspruch auf Asyl nach Art. 16 a GG. Die Forderung der Petition ist daher inhaltlich bereits erfüllt.


Das ist schlichtweg Unfug.

Deserteure sind "Fahnenflüchtige". Zu Zeiten der Wehrpficht in Deutschland wurden diese von den Feldjägern abgeholt, ggf. inhaftiert und einem Gerichtsverfahren zugeführt.

Fahnenflucht war/ist auch in Deutschland strafbewehrt.

Das als "politisch verfolgt" darzustellen, ist schon ziemlich weit hergeholt.

4

Karl ohne Lauterbach | 03.05.2022 - 12:54

Ist aber sehr realitätsfern. Wohin sollten russische Deserteure flüchten ? Nach Russland ? Da erwartet sie das Militärgericht. In die Ukraine ? Da werden sie direkt in das Asow-Regiment überstellt, um da im Kamikaze-Widerstand verheizt zu werden. Ins Ausland ? Das verhindern Selenskyjs ukrainische Grenzer, die jeden Wehrfähigen die Ausreise aus der Ukraine verweigern. Oder sich direkt durch die ukrainische Grenze durchballern ? Dann werden die russischen Deserteure von polnischen Grenzern irrtümlich als Angreifer erschossen. Und ich sag Ihnen noch etwas dazu: All das funktioniert nur deshalb, weil es noch kein Bedingungsloses Grundeinkommen gibt, mit dem erst basisdemokratisch und volkssouverän möglich wäre: "Stell dir vor, es wäre Krieg und keiner geht hin". Der Beitrag wurde vom Moderator gekürzt, da er themenfremd war Bitte beachten Sie die Richtlinie.

0