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Diskussion zur Petition 146575

Kinderschutz

Einführung einer "unabhängigen Kommission Kinderverschickung" vom 21.02.2023

Diskussionszweig: Anmerkungen zur Petition und zum sachgerechten Umgang mit dem Thema Verschickung oder Kindertransporte in die Heime.

Bruno Toussaint | 19.04.2023 - 04:33 (Zuletzt geändert am 19.04.2023 - 04:43 von Bruno Toussaint )

Anmerkungen zur Petition und zum sachgerechten Umgang mit dem Thema Verschickung oder Kindertransporte in die Heime.

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Es fällt auf, dass mittlerweile alle Beiträge von Anja Röhl als Petitionsstellerin unkommentiert bleiben. Nicht weil es niemanden interessieren würde, sondern weil alles mit völlig überzogener wissenschaftlicher Expertise formuliert ist.

Richtig ist, dass sich die Bundespolitik konkreter mit dem Thema Verschickung auseinandersetzen sollte. Aber welches Meinungsbild sollte sie bündeln und was soll erreicht werden? Die Situation der einzelnen Heime ist sehr unterschiedlich, es gibt kaum noch Akten und schon gar keine Gesamtbetrachtung eines repräsentativen Heimes, wie es von Marc v. Miquel in der NRW-Studie 2021 gefordert wurde.

Die Aufgabenteilung zur Aufarbeitung stellt sich jedoch ganz anders da.

Die Landespolitik sollte ihre Arbeit machen, denn nur dort gibt es noch Rechtsnachfolger und Archive. Umgekehrt schieben die Länder die Verantwortung auf die "unabhängigen Kommissionen" der Bundespolitik - wie es der AEKV e.V. mit seiner Petition tut. So entsteht ein Hickhack aus völlig aufgeblasener Expertise eines Vereines, der nicht für alle spricht, während die Politik die Verantwortung beiseite schiebt.

Um dies zu verdeutlichen, schildere ich einen exemplarischen Fall von Staatsversagen. Alle Fakten sind zum Teil schon durch „Forschungen“ belegt, wofür sich die Politik in NI und die Diakonie und der AEKV e.V. im Jahre 2021 gemeinsam feiern ließen. Die folgenden Handlungen lassen jedoch in Abgründe blicken, vor denen sich die drei genannten Akteure bislang entziehen.

Diese erste Aufarbeitung vom 21.08.2021 wurde von der Diakonie selbst durchgeführt. Die Diakonie sah jedoch keine Veranlassung, Ehemalige in die „Forschung“ einzubeziehen - wie von Prof. Marc v. Miquel heftig kritisiert. Wären die Ehemaligen einbezogen worden, hätte sich ein genaueres Lagebild in den Kinderkurheimen der Diakonie ergeben. Dieses exakt herauszuarbeiten, ist aber die Grundlage einer jeden Aufarbeitung von Heimen, auch um Expertise für Therapien herausarbeiten zu können.

Aktuelle Recherchen zeigen aber, dass in der Diakonie-Dokumentation wichtige Fakten verschwiegen wurden.

Im Seehospiz gab es zur Jahreswende 1973/74 eine "Ärzte-Revolte" wegen Gewalt gegen Kinder, angeführt von dem heute weltberühmten Mediziner Prof. Dr. Dr. Siegwart-Horst Günther. Sein Gegenspieler war der Chefarzt Prof. Dr. Wolfgang Menger (Bundesverdienstkreuz 1983), der dem Seehospiz mit seiner viel zu komplizierten "Thalassotherapie" zu internationalem Ruhm verhalf (Oberschwester R. Kätsch: "… ständig wechselnde Witterungen ließen keine konstanten Daten zu") - und damit den Schwestern den nötigen Freiraum zur Misshandlung der Kinder gab. Die ganze Geschichte wird vage angedeutet, nicht einmal der volle Name Prof. Günthers wird genannt. Auch sein drastisches Rücktrittsschreiben, in dem er die oberste Diakoniebehörde auffordert, disziplinarisch gegen den kirchlichen Leiter Flake vorzugehen, hätte genauer zitiert werden müssen.

Wenig später, ab März 1974, fanden bereits polizeiliche Ermittlungen wegen gleicher Delikte statt, was aber in der Dokumentation der Diakonie nicht erwähnt wird. Ein Kind und sein Vater hatten nämlich Anzeige erstattet, alle betroffenen Kinder wurden in einem Brief an die Seehospiz-Leitung benannt – dieser Brief ist auch in der Dokumentation vermerkt. Die Ärzte waren gezwungen, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren - was wohl zu den in der Dokumentation beschriebenen Konflikten mit der Seehospiz-Leitung beitrug. Unterlagen dazu finden sich im Landeskirchlichen Archiv in Wolfenbüttel. Wesentliche Unterlagen zu den Polizeiermittlungen fehlen aber.

Der entscheidende Punkt ist der Verdacht auf ein Kartell des Schweigens – * mit Fortsetzung bis heute.

Nach den jetzt aktualisierten Angaben der Briefschreiberin in der Akte wurden bei allen 6 Kindern Hämatome im Lendenbereich festgestellt, sie mussten bei der ärztlichen Visite immer die Unterhosen anbehalten. Die Ärzte gaben bei der Polizei an, dass sie deshalb die Hämatome nicht sehen konnten (was unlogisch ist) und dass sie "Angst vor den Schwestern gehabt hätten" - also Repressalien fürchteten. * Fast zwangsläufig drängt sich so der Verdacht eines Schweigekartells auf - wie es in streng religiösen Kreisen nicht unüblich ist.

Der nächste Punkt zeigt exemplarisch die Komplexität solcher „Heilungen“ in den Heimen.

Gleichzeitig berichtet die Frau, dass sie nach der Heimkehr unnatürlich "aufgedunsen" gewesen sei und deutlich mehr gewogen habe. Sie sei "lange Zeit in höchster Unruhe um den Tisch gerannt - und das bei nicht geheiltem Asthma“. Da aber im Seehospiz - wie in vielen anderen Heimen auch - immer sedierende Medikamente verabreicht wurden, zum gleichen Zeitpunkt auch Neuroleptika dokumentiert sind, ist beides wahrscheinlich auf eine Überdosierung des Neuroleptikums "Atosil" mit dem Wirkstoff Promethazin zurückzuführen, das heute für Kinder und besonders bei Asthma überhaupt nicht zugelassen ist - nur noch bei echter psychiatrischer Indikation.

Hochrechnung des Gewaltpotentials und das Massenphänomen der Amnesie.

Rechnet man nur diesen einen Fall und die Zahl von 6 schwer geschlagenen Kindern - ohne die Dunkelziffer - für den Zeitraum Dezember 1973 bis Ende Februar 1974 auf ein ganzes Jahr hoch, so kommt man auf mindestens 24 oder deutlich mehr Fälle für 12 Monate, dies in nur einem Heim (Haus 5), die alle nach heutigen Maßstäben justiziabel sind. Die Frage ist allerdings, ob die Akten der Staatsanwaltschaft noch zu beschaffen sind.

Da das Seehospiz aber 6 Häuser hatte, ist das Gewaltpotential entsprechend höher, rechnerisch ca. 144 Delikte in nur einem Jahr. Da ich selbst viermal je drei Monate im Seehospiz war und mir von zum Teil schweren Straftaten berichtet wurde, darunter mehrere sexuelle und medizinische Delikte, halte ich diese grundsätzlich sehr hohe Mindestzahl für realistisch. Die entscheidende Frage ist jedoch, warum sich dies nicht in einer entsprechenden Anzahl von Berichten oder Strafanzeigen niederschlug. Antwort könnte die Amnesie sein, die mit fast jedem Gewalttrauma einhergeht und durch Sedierung verstärkt wird. Scham und Angst, die auch heute noch wirksam sind, und Gedächtnisverlust ziehen sich durch alle Foren und könnten eine Erklärung sein.

Verschwiegen und vertuscht wurden aber auch sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen, u.a. 1965, als es zu einer mehrtägigen Gruppenvergewaltigung kam, und 1979, als nach Angaben der Ehefrau eines ev. Kantors das Opfer von der Heimleitung (Haus 6) sogar als Täter bestraft wurde. In der Folge starb der Vater an Gram, die Ehe des Opfers ging daran später zu Bruch. Ähnlich ist es im seit 2005 bestehenden „Seehospiz Forum“ zu lesen, es wurde aber von der Diakonie und Mutterhaus nie zur Kenntnis genommen, siehe Petition unten. Auch Mädchen wurden vergewaltigt, was aber von Vertretern des AEKV e.V. nirgends richtig zugeordnet werden kann - außer „Indizien". Somit zeigt sich auch hier: Scham und Angst sind immer noch wirksam, Zeugen melden sich – und schweigen wieder.

Der nächste Punkt ist das häufige Wiedererkranken von Patienten nach der Kur, was die Oberin des Diakonissen-Mutterhauses gegenüber der "Forscherin" Dr. Nicole Schweig so erklärt: "... wegen der schlechten Luft im Ruhrgebiet". Liest man jedoch die Berichte im "Seehospiz Forum" oder spricht direkt mit Betroffenen, so wird klar, dass viele Patienten bereits während der "Kur" oder kurz danach mit explosiven und "fast tödlichen" Folgeerkrankungen zu kämpfen hatten, die bis heute nachwirken. Offensichtlich hat die medizinische Leitung des Seehospiz nie seine Heilmethoden evaluiert. Alles, was bis heute nach außen dringt, sind die großartigen Erfolge der in der Heimrealität kaum umsetzbaren "Thalassotherapie" und die aufopferungsvolle Liebe der Schwestern.

Die aktuelle Petition zum Thema – noch ohne Polizeiermittlung zu 1973/74 – wurde abgelehnt.

Die Petition wurde am 23.02.23 vom Ausschuss des Landtages in NI abgelehnt, mit teils kruden Argumenten wie: " ... keine Beweise", "Seehospiz war ein Sonderfall, es war eine Klinik“, etc. Was der ablehnende Referent jedoch übersah, war die Tatsache, dass die Klinik tatsächlich das größte Kinderkurheim der jungen BRD war und bereits vorerkrankte und höchst vulnerable Kinder geradezu modellhaft unter den damals weit verbreiteten Bedingungen der alten pietistischen Fürsorgeheime aus Pommern aufnahm. Mit Heilen wie in einem zertifizierten Krankenhaus hatte das alles nichts mehr zu tun, die Kinder erkrankten während und nach der Kur oft schwer.

Wie dieses Profitsystem für die Karriere der Ärzte, für die wirtschaftliche Selbsterhaltung des Diakonissenordens und für den Aufschwung der Insel Norderney tatsächlich funktionierte, wird anstehend in der bisher einzigen und „vorläufigen“ Querschnittsstudie zu einem Kinderkurheim exakt beschrieben. Die Details zu den oben angeführten Gewalttaten werden später im Sommer, anlässlich der Buchveröffentlichung einer bekannten Kölner Autorin, worin das Seehospiz prominent vertreten ist, der Presse und Politik vorgestellt und kommentiert.

Auf der Seite von AG Verschickungskind unter: PETITION MIT DER NUMMER 03291/88/18 AN DEN LANDTAG NIEDERSACHSEN und SEDIERUNG MIT NEUROLEPTIKA IM NATURHEILBETRIEB SEEHOSPIZ AUF NORDERNEY

* Noch ein Wort zum Kartell des Schweigens, das bis heute besteht

Bekannt ist auch, dass sich die grüne Vizepräsidentin des Landtages Niedersachsen bei dem Berliner Verein der Betroffenen nach dem Ruf des Petenten erkundigte und in bestem Demagogendeutsch zu hören bekam: "Die Betroffenen/Opfer sind in einer Initiative organisiert und distanzieren sich von Herrn B. T., weil er ihre gemeinsamen Entscheidungen und Beschlüsse torpediert". Darauf schrieb die Vizepräsidentin an eine Stadträtin: "Alles sehr schwierig, aber wir werden nicht in den Einzelfall einsteigen", so steht es in ihrer Originalmail. Wer die "Szene" kennt, weiß natürlich, wer ihr das gesteckt hat.

Alle Rechte vorbehalten bei Veröffentlichung, Bruno Toussaint.
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