Text der Petition
Die Zukunft des psychotherapeutischen Nachwuchses ist in Gefahr!
Die unzureichende Finanzierung der ambulanten und stationären Weiterbildung gefährdet die Qualifizierung von Psychotherapeut*innen. Es ist deshalb dringend erforderlich, jetzt gesetzliche Grundlagen für die notwendige Finanzierung zu schaffen! Die Weiterbildung sichert die psychotherapeutische Versorgung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und die berufliche Zukunft des psychotherapeutischen Nachwuches!
Begründung
Mit der Reform des Psychotherapeutengesetzes hat der Gesetzgeber 2019 neue Strukturen für die Aus- und Weiterbildung von Psychotherapeut*innen geschaffen. Die Weiterbildung ist unverzichtbarer Teil dieser Psychotherapeutenausbildungsreform. Ein zentrales Ziel der Einführung der psychotherapeutischen Weiterbildung war eine angemessene Bezahlung des psychotherapeutischen Nachwuchses nach dem Studium. Der Gesetzgeber hat es aber versäumt, die Finanzierung der Weiterbildung ausreichend zu regeln.
Eine massive Unterfinanzierung führt dazu, dass zukünftige Psychotherapeut*innen in weiten Teilen der mindestens fünfjährigen Weiterbildung nur deutlich unter dem Niveau einer angemessenen tarifvertraglichen Eingruppierung bezahlt werden können.
Die gesamte Weiterbildung ist als hauptberufliche Tätigkeit im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vorgesehen, die mit einem angemessenen Gehalt vergütet werden muss. Die Umsetzung darf nicht auf Kosten der Teilnehmer*innen gehen. Prekäre Verhältnisse für Psychotherapeut*innen in Weiterbildung müssen verhindert werden! Deshalb muss eine an Tarifverträgen orientierte Vergütung über die gesamte Weiterbildung sichergestellt werden.
Die ambulante Weiterbildung ist ein Pflichtteil der psychotherapeutischen Weiterbildung. In den Praxen oder Weiterbildungsambulanzen kann den Weiterbildungsteilnehmer*innen kein angemessenes Gehalt gezahlt werden. Die Einnahmen der Weiterbildungsstätten aus den vergüteten Versorgungsleistungen decken die Kosten der Weiterbildung und eines solchen Gehaltes nicht. Deshalb muss zusätzlich zur Leistungsvergütung eine Förderung gesetzlich geregelt werden.
Für die obligatorische stationäre Weiterbildung fehlen in der Übergangszeit bis Anfang der 2030er Jahre Personalstellen für Weiterbildungsteilnehmer*innen in den Kliniken, weil diese noch mit Psychotherapeut*innen in Ausbildung besetzt sind. In der Übergangszeit muss deshalb eine Refinanzierung zusätzlicher Weiterbildungsstellen ermöglicht werden.
Bei der bestehenden Unterfinanzierung wird es kein ausreichendes Angebot an Weiterbildungsplätzen geben. Das bedroht die Sicherstellung einer ausreichenden Zahl von Weiterbildungsplätzen und letztlich der psychotherapeutischen Versorgung insgesamt. Psychische Erkrankungen gehören zu den großen gesundheitspolitischen Herausforderungen. Psychotherapie zählt für nahezu alle psychischen Erkrankungen zur Behandlung der ersten Wahl. Psychotherapeut*innen übernehmen den größten Teil der psychotherapeutischen Versorgung. Menschen mit psychischen Leiden brauchen auch in Zukunft eine qualifizierte Behandlung.
Konkrete Lösungen zur Umsetzung einer angemessenen Förderfinanzierung erfordern jetzt eine Gesetzesinitiative. Die Sicherung der psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die Politik stellen muss.
Es hat den Anschein, dass sich in den letzten Jahren trotzdem nicht mit höchster Priorität um die Finanzierung bzw. relevanten Gesetzesänderungen durch die entsprechenden Organe (Kammern, Verbände) gekümmert wurde. Stattdessen wurde in Kauf genommen, dass die aktuelle Generation an Studierenden nun vor der Herausforderung steht die Umsetzung dieses Konstruktes inkl. einer Finanzierung privatwirtschaftlicher Ausbildungs-/Weiterbildungsinstitute zu erstreiten. Nun zeigen also alle geschlossen mit dem Finger auf das BMG ohne von den eigenen Vorstellungen abzurücken. Aber hej, so funkioniert scheinbar Politik. Ausbaden darf es eine Generation, die in den entscheidenden Etappen nicht involviert war und der nun immer wieder gesagt wird, dass das BMG schuld ist. Sollten Verbände und Kammern weiterhin ihre Position beibehalten und den Kampf um die (scheinbar in Stein gemeißelte) Musterweiterbildungsordnung in der aktuellen Form austragen, so wird dies perspektivisch zu einer deutlichen Verschlechterung der psychotherapeutischen Versorgung beitragen. Diese Situation dann aber einzig dem Gesetzgeber in die Schuhe zu schieben...
Skurkanas | 15.05.2023 - 06:10
Unser Gehalt ist nicht facharztäquivalent. Schauen sie sich mal die Tariftabelle TvÖD (Psychologen/Therapeuten in Kliniken) und die der Ärzte an. Unsere Tabelle endet (nach deutlich längerer Zeit zwischen den Stufenanstiegen) da wo die Facharzttabelle beginnt.
Zur aktuellen Generation, ich weiß nicht ob damit die jetzigen/zukünftigen PiWs oder die PiAs gemeint sind, aber als jemand der sehr aktiv für eine Reform gekämpft hat nur um dann den eigenen Studiengang entwertet und keinerlei Verbesserung zu bekommen (ob nun 1000€ Brutto oder 0€ - beides bedeutet Hartz IV) bin ich irgendwie unmotiviert auch noch die Kämpfe der nun eigentlich besser gestellten Nachfolger zu kämpfen. Zumal die PiAs hier nur als "Besetzer" der vorhandenen Stellen erwähnt werden
MrCellophane | 10.05.2023 - 16:37
Ich denke, ein Hund alleine beißt sich nicht.
Sicherlich zieht sich der Rattenschwanz dieses Problems nicht nur chronologisch durch die letzten Jahrzehnte, sondern auch durch etliche Organisationen, Institute, Interessenvertretungen und Entscheidungsträger. Man könnte an dieser Stelle eine Diskussion über Bürokratisierung mit der Folge, dass sich am Ende niemand verantwortlich sieht anbrechen. Man könnte den gemeinsamen Bundesausschuss kritisieren (und das mMn in vielen Angelegenheiten völlig zurecht). Man könnte Regierungskonstellationen kritisieren (mMn ebenfalls zurecht).
Aber all das sind andere Themen. Themen, die besprochen werden müssen, um zukünftig ähnliche, sich über Jahrzehnte hinziehende Misstände zu verhindern. Aber am Ende des Tages wurde in diesem speziellen falle, nämlich der Reform der psychotherapeutischen Ausbildung, einiges verschlafen. Von den Ausbildungsinstituten, der Psychotherapeutenkammer, dem gemeinsamen Bundesausschuss und der Regierung. Daran lässt sich jetzt erstmal nichts mehr ändern, auch durch zuschieben des schwarzen Peters nicht. (Womit ich nicht sagen will, dass man es einfach vergessen sollte.)
Aber gerade jetzt sollte das pragmatische Zeil einfach lauten: Wie bekommen wir es hin das Menschen, die mindestens 5 Jahre studiert haben, sich danach nicht noch ausbeuten lassen müssen? Und die Relevanz dieser Frage lässt aus der Wirkung psychischer Krankheiten und Störungen nicht nur auf das allgemeine Wohlbefinden (was eigentlich schon Grund genug sein sollte, es aber in einer Leistungsorientierten gesellschaft leider nicht ist), sondern auch die wirtschaftlichen Folgen sehr klar beantworten.
Angemerkt werden muss aber auch, dass (angehende) Psychotherapeuten hier den Allerwertesten hochbekommen und dafür Sorgen müssen, dass sie gehört werden. Dies mag einfach gesagt als getan sein, aber die bisherige Resonanz auf diese Petition stimmt mich diesbezüglich eigentlich sehr glücklich. Denn wenn man nur hinnimmt, ändert sich nichts. Es verlagert sich lediglich, wie der Diskussiontitel schon festhält, in die nächste Generation.
Nutzer1169827 | 10.05.2023 - 10:36
Die Berufsverbände und Kammern arbeiten seit Jahren entschlossen dafür, dass die Finanzierung besser wird. Kleinste Teilerfolge wurden erzielt (juhuu, 1000.- für eine Vollzeitstelle als Master oder Dipl.Psych.), aber der Gesetzgeber ist derjenige, der zuständig ist und das letzte Wort hat. Ich weiß nicht, woher Ihr Impuls kommt, den Gesetzgeber hier in Schutz zu nehmen, der sich seit vielen Jahren trotz besseren Wissens nicht geneigt sieht, hier eine Gesetztesverbesserung zu beschließen.
Wieso sollte ein Auszubildender seine Ausbildung selbst finanzieren - Ein Assistenzarzt bekommt auch entsprechendes Gehalt für seine Arbeit - und wir Psychologische Psychotherapeuten werden in Kliniken und von den Krankenkassen genauso für die Gesundheitsversorgung als Arbeitskräfte eingesetzt - aber es will keiner unsere Arbeit angemessen bezahlen... das ist ein Mißstand, gegen den wir uns seit 2 Jahrzehnten uns wehren und nun soll es ENDLICH ANDERS werden...!
Und ja: wir verdienen facharztäquivalentes Gehalt: am Ende in der Praxis bekommt ein ärztlicher Psychotherapeut (=Studium Medizin) denselbsten Stundenlohn wie ein psychologischer Psychotherapeut (=Studium Psychologie) - nur vorher während der Ausbildung sollen die Psychologen es selbst finanzieren ???