Text der Petition
Mit der Petition wird gefordert, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen über Wahlprüfungsbeschwerden bei Bundestagswahlen künftig mit den wesentlichen Entscheidungsgründen ohne bloße Bezugnahme auf das nichtveröffentlichte Berichterstatterschreiben versieht und veröffentlicht.
Begründung
Beim Bundesverfassungsgericht ist es in den weit mehrheitlichen Fällen Praxis, daß Entscheidungen über Wahlprüfungsbeschwerden nur mit Bezugnahme auf die im nichtveröffentlichten Schreiben des Berichterstatters dargelegten Gründe begründet werden und von einer weitergehenden Begründung abgesehen wird.
Diese Entscheidungspraxis des BVerfG (die nicht auf Fälle beschränkt ist, in denen die Wahlprüfungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, sondern auch Fälle ordnungsgemäß eingelegter Wahlprüfungsbeschwerden mit nicht von vornherein fehlenden Erfolgssaussichten umfassen kann) wird der Bedeutung der Wahlprüfung für die im Interesse der Allgemeinheit liegende Sicherstellung der demokratischen Legitimation des gewählten Parlamentes und dem damit eínhergehenden hohen Informationsinteresse der Öffentlichkeit über das Ergebnis und die Gründe von Wahlprüfungsentscheidungen nicht gerecht.
Da der Wahlprüfungsbeschwerde regelmäßig in erster Linie eine Anstoßfunktion zukommt und das Bundesverfassungsgericht – selbst bei Beschwerderücknahme – über den weiteren Verlauf des überwiegend objektiven Verfahrens nach Maßgabe des Vorliegens eines öffentlichen Interesses entscheidet, ist nicht verständlich, warum nur der Beschwerdeführer durch das nichtveröffentlichte Berichterstatterschreiben über die Entscheidungsgründe informiert wird und dagegen der Öffentlichkeit die Kenntnis von den Entscheidungsgründen vorenthalten wird.
Bedenkt man, daß in der ersten Stufe des Wahlprüfungsverfahren zu jedem Wahleinspruch die Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestages regelmäßig mit Tatbestand und Entscheidungsgründen veröffentlicht wird, erscheint nur folgerichtig, auch die nachfolgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes mit den wesentlichen Entscheidungsgründen zu veröffentlichen. Dies gilt umsomehr, weil der Bundestag die Verfassungsmäßigkeit von Wahlnormen im Rahmen der Wahlprüfung nicht überprüft und diese dem Bundesverfassungsgericht, das insoweit eine weitergehende Prüfungs- und Verwerfungskompetenz ausübt, vorbehält. Der Öffentlichkeit dann aber die Gründe für das Ergebnis aus dieser erweiterten Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht vorzuenthalten, ist weder schlüssig noch sachgerecht oder angemessen.
Das Petitionsanliegen führt auch nicht zu einer nennenswerten Mehrbelastung des Bundesverfassungsgerichtes, weil die in dem nichtveröffentlichten Berichterstatterschreiben dargelegten Gründe nicht die Einzelmeinung des Berichterstatters darstellen, sondern wegen der Bezugnahme im Entscheidungstenor gerade diejenigen Gründe sind, auf die das BVerfG seine Entscheidung stützt. Eine Einarbeitung dieser Gründe in den Begründungsteil der Entscheidung ist deshalb mit nicht ins Gewicht fallenden Mehraufwand verbunden.
Mit dem Petitionsanliegen ist unabhängig von seiner (rechtlichen) Erforderlichkeit ein Mehrwert für die Allgemeinheit in Form besserer Transparenz und Akzeptanz des Wahlprüfungsverfahren verbunden.