Text der Petition
Mit der Petition wird gefordert, die Abschiebung von Jesiden in den Irak sofort zu stoppen und sich aktiv für ihren Schutz und ihre Integration in Deutschland einzusetzen.
Begründung
Die Jesiden haben eine lange Geschichte der Verfolgung erlebt, die auf ihrer ethnischen und religiösen Identität beruht. Sie wurden über Jahrhunderte hinweg Opfer von Zwangsislamisierung, Versklavung und Völkermord. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass die Jesiden keine Kurden sind. Die jesidische Gemeinschaft hat es geschafft ihren Urglauben zu bewahren und ihn vor der Islamisierung zu schützen. Dies führte in den vergangen Jahrzehnten, vorangetrieben durch den Islamischen Staat, zu schwerer Diskriminierung und Verfolgung.
Trotz der anhaltenden Bedrohungen für ihr Leben und der Einschränkung ihrer Grundfreiheiten im Irak wurden zuletzt immer mehr Jesiden aus Deutschland abgeschoben.
Dies steht im Widerspruch zu deutscher Menschenrechtspolitik und außenpolitischem Handeln:
- Der Deutsche Bundestag hat erst im Januar die Verbrechen an den Jesiden als Völkermord anerkannt.
- Die Abschiebungen stehen im Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention Artikel 1A (2), zu dessen Umsetzung sich Deutschland verpflichtet hat. Aus religiösen Gründen Verfolgte dürfen nicht in ein Land zurückgeschickt werden, in dem sie Verfolgung fürchten.
- Das Auswärtige Amt spricht für Irak immer noch eine Sicherheits- und Reisewarnung aus und beschreibt die gesamte Lage vor Ort als volatil, und die Sicherheitslage in Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa, Salah Al-Din und dem Norden von Babel als besonders gefährlich. Man muss jederzeit mit schweren Anschlägen und bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen terroristischen Gruppen und irakischen Sicherheitskräften rechnen.
Diese Umstände beweisen doch, wie fragil die Sicherheitslage auch nach dem Abzug des IS noch ist, insbesondere für Jesiden, denen kurdischen Behörden keine eigene Identität attestieren. Bis heute werden weiterhin 2.700 Frauen und Kinder vermisst. Weitere 300.000 Jesiden leben in Vertriebenencamps. Erst kürzlich wurden weitere Massengräber entdeckt.
Laut Irak-Experten sind Jesiden täglich mehr als 300.500 Hassreden und Morddrohungen ausgesetzt. Kurdische Mullahs aus der Region Kurdistan rufen zu Gewalt gegen Jesiden auf. Dies führte verstärkt zu gemeinschaftlichen Angriffen kurdischer Islamisten auf jesidische Flüchtlingscamps.
Wie sind unter diesen Umständen die Abschiebungen zu rechtfertigen?
Die Abschiebepraxis ist ein katastrophales Signal an die jesidische Diaspora in Deutschland, die sich konsequent um eine Integration in Deutschland bemüht.
Angesichts dieser Umstände fordern wir den Deutschen Bundestag auf, die Abschiebung von Jesiden in den Irak sofort zu stoppen und sich für ihre sichere und würdevolle Integration in Deutschland einzusetzen. Wir fordern daher eine sofortige Überprüfung der aktuellen Abschiebepraktiken gegenüber Jesiden und die Implementierung einer Politik, die Schutzmaßnahmen für die Überlebenden bietet, die immer noch unter den Nachwirkungen dieser Verbrechen leiden und deren Sicherheit bei der Rückführung in den Irak gefährdet wär.
Wir stehen kurz vor dem 75. Genozid am jesidischen Volk.
Daher rufen wir den Deutschen Bundestag sowie die deutsche Bundesregierung auf, die Jesiden vom Abkommen der irakischen Regierung mit der Deutschen Bundesregierung zu befreien, und Jesiden nicht wieder in die Hölle zu schicken.
Lupinal | 17.12.2023 - 01:12
Okay, das ändert die Lage (vorausgesetzt das es so korrekt widergegeben wurde).
Auch wenn Deutschland dank seine Nicht-Teilnahme am Irakkreig (Danke hier nochmal an Kanzler Schröder) keine eingene Verpflichtung hatte, Flüchtlinge aus dme Irak auszunehmen, so war es doch gut dieses zu tun, und wenn tatsächliche Belege für Verfolgungen vorliegen sollte das auch nicht durch Abschiebungen diskreditiert werden.
Nutzer3928841 | 13.12.2023 - 19:07
Wir brauchen MEHR und nicht weniger Abschiebungen!
Nutzer621931 | 13.12.2023 - 08:29
Danke für die ausführliche Erläuterung. Jetzt ergibt die Petition einen Sinn.
Unabhängig von dieser Petition habe ich kürzlich einen Podcast gehört, der in einer Folge das Leben mehrere Jesiden in Deutschland beschrieben hat. Das Hauptthema war etwas völlig anderes, aber die (realen) Protagonisten waren Jesiden.
Beide Eltern waren berufstätig, die Kinder haben nach dem jeweiligen Schulabschluss eine Lehre bzw. ein Studium absolviert und dann selbst gearbeitet, genau wir ihr Freundes- und Bekanntenkreis. Das sie Jesiden waren, hat im Lebens- und Berufsalltag keine Rolle gespielt.
Das ist natürlich nur ein willkürliches Beispiel einer Familie und in Grundzügen ihrer Gemeinde.
Ich sehe keine systematische Integrationsverweigerung der Jesiden in Deutschland, ganz im Gegenteil. Wenn wir schon pauschalisieren wollen, dann ist es in Gemeinschaften, die schwierigen Lebensumständen entstammen, eher üblich, dass jedes erwachsene Familienmitglied einer Arbeit nachgeht und seinen Teil beiträgt.
Artisia | 09.12.2023 - 19:53
Die Sachlage hat sich aufgrund des mit dem Irak geschlossenen Rücknahmeabkommens in diesem Jahr, gerade für die Jesiden, drastisch geändert. Davor wurden ausschließlich Gefährder und Straftäter in den Irak abgeschoben, was auch Ihre genannte geringe Zahl erklärt. Jesiden wurden aus guten Gründen nicht abgeschoben, weil ihr Ursprungsgebiet immer noch weitestgehend zerstört und unsicher ist. Die meisten Jesiden leben seit dem Genozid 2014 als dauerhaft Binnenvertriebene in IDP-Camps ohne Rückkehrperspektive unter prekären Bedingungen. Ebenso herrscht im Irak und besonders in den ehemaligen jesidischen Siedlungsgebieten eine volatile Sicherheitslage und der Irak gewährleistet keinen Minderheitenschutz, was einer Abschiebung ebenfalls entgegensteht.
Seit Juni diesen Jahres wird jedoch unterschiedslos in den Irak abgeschoben, was bedeutet, dass die besonderen Schutzaspekte ethnisch religiöser Minderheiten wie Juden, Christen und Jesiden nicht berücksichtigt werden. Aktuell geht die Bundesregierung wohl davon aus, dass Juden, Jesiden und Christen im Irak die gleichen Lebensbedingungen vorfinden, wie Iraker aus der muslimischen Mehrheitsbevölkerung. Obwohl der Irak erst noch im letzten Jahr einstimmig ein Antisemitismusgesetz erlassen hat, welches nur allein den Kontakt zu einem Israeli/Juden mit der Todesstrafe bedroht.
Überspitzt gesagt, führt das Vergessen des Schutzaspektes der vulnerablen Gruppe der Jesiden gerade dazu, dass anstatt islamistischer Gefährder nun in größerer Anzahl Überlebende islamistischer Massengräuel im Flieger sitzen. Daher ist diese Petition mehr als gerechtfertigt, weil es um die grundlegenden Menschenrechte nach der GFK und EMRK geht. Dies ist dem Menschenrechtsausschuss auch bereits aufgefallen.
Nutzer853174 | 02.12.2023 - 13:17
@ Nutzer4902401
Das stimmt schon, doch muß man nunmehr immer wieder daran erinnern, daß besagter Respekt keine Einbahnstraße ist.
Und mal ganz klar und unmißverständlich ausgesprochen ist es leider so, daß dem deutschen Recht, unserer Lebensweise mit all ihren Gepflogenheiten und auch den Leuten in persona, dieser Respekt all zu oft verwehrt wird. Zumeist von jenen eines bestimmten Kulturkreises einer gewissen Religion, was sich dann In Nachrichtenmeldungen von Randale auf irgendwelchen Demonstrationen, kriminellen "Einzelfällen" etc. manifestiert.
Dieser Tatsache muß bei jedwedem Versuch einer Integration Rechnung getragen werden. Und vielleicht muß man sich auch endlich der Frage stellen, ob wir wirklich alles und jeden integrieren müssen und zu welchem Preis?
Nutzer4902401 | 02.12.2023 - 06:57
Intergation wäre eine gute Idee. Muss aber aben auch von den zu Intergierenden ausgehen.
Und da sieht es nicht gar so gut aus. Da wird dann vor allem "Respekt ihrer Identität" verlangt ... und dazu natürlich ansonsten alle Annehmlichkeiten, welche wir zu bieten haben.
Azad salar | 26.11.2023 - 01:19
Salar
Nutzer621931 | 21.11.2023 - 08:45
2022 wurden 471 irakische Staatsbürger abgeschoben, aber nur 77 in den Irak. Die anderen im Rahmen des Dublin-Verfahrens in andere europäische Staaten. (Quelle: Drucksache 20/5795) Eine Aufschlüsselung nach Religion erfolgte in dieser Quelle nicht.
(Quelle: Wikipedia "Jesiden in Deutschland" - "Anerkennung und asylrechtliche Einordnung in Deutschland")
Sollte sich daran etwas geändert haben, geht es um eine überschaubar kleine Zahl von Abschiebungen: 77 pro Jahr abzüglich der Nicht-Jesiden und - sollte es sie geben - der Fälle nach § 54 AufenthG.
Gibt es tatsächlich Bedarf für diese Petition?
Wenn ja: Haben wir nicht dringendere Probleme, als weniger als 77 Menschen hier zu behalten - von denen statistisch viele sozialversicherungspflichtige Jobs haben dürften?
Nutzer18343 | 21.11.2023 - 02:33
Finde die Begründung ein wenig dünn. Das Völkermord stattgefunden hat ist klar aber das ist Vergangenheit. In wiefern man immernoch in Gefahr im Irak ist, ist für mich nicht feststellbar. So wie ich gelesen habe, scheint sich die Lage zu normalisieren, aber kann mich auch irren.
Ich würde es aber gut finden wenn man feststellen würde, wer von den Jesiden voll berufstätig ist in Deutschland und man könnte eine Option diesen Menschen geben hier zu bleiben - ausserhalb des Asyls. Man könnte dies auch der Gesellschaft verkaufen, wenn diese keine Kosten der Gesellschaft auferlegen sondern mit an unserem BIP mitwirken.
... Aber Asyl ist vorbei wenn der Asylgrund nicht mehr vorhanden ist. Ich hoffe das dies der Fall ist und unsere Regierung ordentlich entscheidet.