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Diskussion zur Petition 162601

Einschränkung von Grundrechten

Befassung mit dem Verfahren der Grundrechtsverwirkung gegen offen rechtsextrem auftretende Personen vom 19.01.2024

Diskussionszweig: Eingriff in Grundrechte unnötig und gefährlich

Nutzer1587371 | 15.02.2024 - 11:22

Eingriff in Grundrechte unnötig und gefährlich

Anzahl der Antworten: 8

An anderer Stelle der Kommentare wurde ja schon darauf hingewiesen, dass die praktische Relevanz von Art.18GG sehr gering ist. Bisher kam der Artikel in der Geschichte der BRD noch kein einziges Mal zur Anwendung. Das unterstreicht sicher die Bedeutung der Grundrechte und die hohe Hürde, die für die Verwirkung der in Art.18 genannten Grundrechte existiert.

Der Tatbestand zur Anwendung des Art.18 ist dort mit "Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" genannt und das Verfahren zur Anwendung des Artikels ist definiert. Es braucht deshalb keine Petition, damit z.B. der Bundestag ein solches Verfahren anstoßen kann.
Die Petition ist also vielmehr eine politische Meinungsäußerung. Was dabei "offen rechtsextrem auftretend" meint, ist mir persönlich nicht klar. Unterscheiden die Verfasser zwischen z.B. rechts-konservativ, rechtsextrem, rechtsradikal oder faschistisch? Wer tritt offen-, wer verdeckt rechtsextrem auf? Es geht nicht um eine semantische Diskussion. In einer Zeit, in der aber selbst die Bauerproteste als irgendwie rechts eingeordnet werden (z.B.: https://www.agrarheute.com/politik/unrecht-rechter-ecke-freie-bauern-wehren-616342) sollte wenigstens klar sein, wen die Petition überhaupt meint. Das Kriterium in Art.18 ist zwar auch ein unbestimmter Rechtsbegriff, aber immer noch deutlich greifbarer, als die Beschreibung in der Petition.

Das Kernproblem dieser Petition ist das transportierte Demokratie- und Rechtsverständnis, dass ich nicht teile. Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind im Strafgesetz geregelt, übrigens viel enger, als in den USA. Es Bedarf keines Eingriffs in die Grundrechte. Über diesen strafrechtlichen Rahmen hinaus, habe ich kein Problem damit mir Meinungen anzuhören, die meiner eigenen möglicherweise fundamental widersprechen oder die ich persönlich vielleicht sogar verachte.
Die Idee, jemandem Grundrechte zu entziehen, dessen Meinung ich verachte, gehört aus meiner Sicht in totalitäre Systeme. Und ja: Art.18 sieht die Verwirkung bestimmter Grundsätze vor, wurde aber aus gutem Grund auch noch nie angewendet.

Den Petenten sollte zudem eines bewusst sein: würde tatsächlich ein Präzedenzfall geschaffen und einer Person bestimmte Grundrechte entzogen, so würde es zweifellos Bestrebungen geben, dieses neue Werkzeug auch auf andere Gruppen anzuwenden. Auch wieder in den USA verwirken Gefängnisinsassen z.B. ihr Wahlrecht (https://www.ncsl.org/elections-and-campaigns/felon-voting-rights). Und bei geänderten politischen Mehrheiten wären sicher auch "offen linksextrem auftretende" Personen sehr schnell im Visier.

Aus meiner Sicht gibt es auch als nicht "AfD-Fanboy" gute Gründe, diese Petition abzulehnen.
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