Text der Petition
Mit der Petition wird gefordert, dass Wirtschaftsauskunfteien Bonitätsscores nur bei Vorliegen konkreter Negativmerkmale wie Schulden reduzieren dürfen.
Begründung
Statistische, spekulative oder soziodemografische Annahmen ohne individuelle Tatsachengrundlage dürfen keinen Einfluss auf Scorewerte, Vertragskonditionen oder den Zugang zu Leistungen haben. Die Vorgaben der DSGVO sind durch klare gesetzliche Regelungen, effektive Kontrolle und konkrete Anwendungsgrenzen durchzusetzen.
Millionen Menschen in Deutschland sind bei Krediten, Mobilfunk- oder Mietverträgen von Bonitätsscores abhängig. Diese Scores kommen von privatwirtschaftlichen Auskunfteien. Selbst Menschen ohne Negativeintrag erhalten dabei oft weniger als 100 Prozent. Das hat weitreichende Konsequenzen für Zinsen, Vertragskonditionen oder sogar die Ablehnung von Geschäften.
Die Ursache liegt in spekulativen Modellen: Umzüge, Kontenanzahl, eine neue Kreditkarte, Wohnlage oder Handyverträge können zu Punktabzug führen – obwohl kein finanzielles Fehlverhalten vorliegt. Dabei kennen Auskunfteien weder Einkommen, Vermögen noch konkrete Verpflichtungen. Es wird rein statistisch geschlussfolgert.
Diese Praxis ist mit geltendem Datenschutzrecht nicht vereinbar:
Art. 5 DSGVO fordert sachliche Richtigkeit, Datenminimierung und Transparenz. Diese sind bei spekulativen Scoremodellen nicht gewährleistet.
Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verlangt ein berechtigtes Interesse, das die Grundrechte der Betroffenen nicht überwiegt. Ohne belegbare Tatsachen ist dies nicht gegeben.
Art. 7 DSGVO fordert eine freiwillige Einwilligung. Diese fehlt oft bei Bestandskunden, weil die Einwilligung de facto Vertragsvoraussetzung ist.
Art. 22 DSGVO verbietet automatisierte Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung ohne Einwilligung oder Schutzmechanismen. Der EuGH hat 2023 entschieden (C-634/21), dass Scores solche Entscheidungen darstellen können.
Zudem ist der tatsächliche Einfluss der Scores systemisch: Sie beeinflussen nicht nur die Kreditvergabe, sondern auch Konditionen, Zugang zu Mobilfunkverträgen, Versicherungen oder Mietverhältnissen. Selbst wenn der Score formal nur ein Faktor ist, entfaltet er faktisch oft entscheidende Wirkung.
Beispiele:
Ein Broker mit sechsstelligen Einkommen, vier Kreditkarten und drei Bankkonten zieht um – ohne Schulden. Trotzdem kein 100%-Score.
Ein Familienvater zahlt pünktlich Haus und Raten. Kein Negativeintrag, aber trotzdem Abwertung.
Eine Alleinerziehende zieht in eine günstigere Wohnung. Ihre finanzielle Lage verbessert sich, doch ihr Score sinkt.
In allen Fällen fehlt eine objektive, personenbezogene Grundlage für die Abwertung. Die Folgen sind schlechtere Konditionen, erschwerter Zugang zu Leistungen und Benachteiligung trotz korrekten Verhaltens. Und das, obwohl die Auskunftei keine Kenntnis über Einkommen, Vermögen oder individuelle Haushaltslage hat.
Der Gesetzgeber muss handeln. Ziel ist nicht die Abschaffung von Auskunfteien, sondern deren Bindung an Recht und Transparenz. Die Praxis muss rechtsstaatlichen Grundsätzen folgen und darf nicht länger auf spekulativen Algorithmen beruhen.