Text der Petition
Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten, um das Bestehen der Apotheke vor Ort in Zukunft zu gewährleisten. Nur durch eine Präsenzapotheke kann die flächendeckende vollumfassende Patientenversorgung mit Nacht- und Notdiensten, der Herstellung von individuellen Rezepturen und vielem mehr gesichert werden. Außerdem sind ca. 160.000 familienfreundliche Arbeitsplätze, vor allem im ländlichen Raum, langfristig gefährdet.
Begründung
Apotheken in Deutschland sind dafür verantwortlich, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, was durch den öffentlichen Versorgungsauftrag staatlich geregelt ist. Das Handeln der Apotheken unterliegt zahlreichen Regularien. Sie müssen gesetzlich festgelegte Pflichten erfüllen wie das Ableisten von Nacht- und Notdiensten, die Herstellung von Rezepturen, das Vorrätighalten von Notfallarzneimitteln und vieles mehr.
Die Honorierung dieser Pflichten ist über die Arzneimittelpreisverordnung festgelegt, welche die Preisbildung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel in Deutschland regelt. Der Grundgedanke dabei ist, dass Kunden verschreibungspflichtige Arzneimittel in jeder Apotheke zum selben Preis erhalten. Diese Gleichpreisigkeit verhindert, dass sich der Preis verschreibungspflichtiger Präparate willkürlich oder abhängig vom Bedarf ändert. Das ist im Interesse der Gesellschaft und entspricht dem Solidaritätsprinzip.
Der europäische Gerichtshof hat am 19.10.2016 entschieden, dass EU-ausländische Versandapotheken nicht zur Einhaltung dieser Arzneimittelpreisbindung verpflichtet sind. Für deutsche Apotheken bleibt diese Preisbindung hingegen bestehen. Durch diese Ungleichbehandlung sind die Apotheken vor Ort wirtschaftlich gefährdet. Ein adäquater Ersatz durch ausländische Versandapotheken ist nur auf den ersten Blick eine Alternative und gewährleistet weder eine gleichartige Versorgungsqualität, noch die vollumfassende Patientenversorgung.
Die aussichtsreichste Möglichkeit, die Gleichpreisigkeit zu sichern und damit die Versorgung der Patienten durch die Apotheken vor Ort sicherzustellen, ist das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, wie auch im Beschluss 601/16 des Bundesrates vom 25.11.2016 begründet.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 14.03.2018 wurde festgehalten: „Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.“ Dieser koalitionsvertraglichen Verpflichtung ist die Bundesregierung bis heute nicht nachgekommen.
Am 08.03.2019 hat die EU-Kommission Deutschland nun aufgefordert, die Rechtsvorschriften innerhalb von zwei Monaten so zu verändern, dass die Möglichkeiten ausländischer Versandapotheken, Preisnachlässe zu gewähren, nicht mehr eingeschränkt sind. Siehe auch hierzu den Dringlichkeitsantrag vom 20.03.2019 (Drucksache 18/754), den die Freien Wähler und die CSU in den bayerischen Landtag eingebracht haben. Mögliche Alternativen zum Ausgleich dieser Wettbewerbsverzerrungen, beispielsweise ein Verbot der Gewährung von Boni und Rabatten außerhalb des Arzneimittelgesetzes, sind nicht EU-rechtssicher und gelten nicht für alle Versicherten in Deutschland.
Zur Rechtssicherheit eines Versandhandelsverbotes bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln liegen hingegen diverse Gutachten vor und auch im Beschluss des Bundesrates (601/16) vom 25.11.2016 ist die Rechtssicherheit umfassend begründet.
Habt Ihr Euch mal darüber beschwert, dass es zu viele Schuhgeschäfte, Kleidungsgeschäfte oder Bäckereien gibt? Es gibt übrigens 45.000 Bäckereien und Backfilialen.
Was bedeutet "zu viel"? "Zu viel Service?" "Zu viel Beratung?" "Zu viel Qualität?" "Zu viel Kompetenz?"
Seit dem höchsten Stand im Jahr 2008 (21.602 Apotheken) gab es 2018 noch 19.423, der niedrigste Stand seit den 80ern. Im europäischen Vergleich gab in Deutschland noch 23 Apotheken für 100.000 Einwohner (bzw. eine Apotheke für 4170 Einwohner). Der EU-Durchschnitt liegt bei 31 Apotheken. In Belgien, Spanien, in den baltischen Ländern und auf Malta sind es 38-47 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Eine Studie zur Apothekendichte hat gezeigt, dass es 118 Solitärapotheken gibt, die im Umkreis von 10km keinen Wettbewerber haben und ca. 1200 Solitärapotheken ohne Konkurrenz im Umkreis von 5km. 2018 wurden 325 Apotheken für geschlossen, nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land.
Das Apothekengesetz verpflichtet die Apotheken in Deutschland zur flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln. Ausländische Versender, die wichtige Einnahmen den Vor-Ort Apotheken entziehen schwächen diese flächendeckende Versorgung.
Mythos 2: "Das Internet ersetzt Apotheken"
Im Internet mit gibt es weniger Sicherheit, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Erfahrung, individuelle Beratung, langjährige Beratung und Verantwortungsbewusstsein als in den Apotheken vor Ort.
Ja, wir Apotheken vor Ort sind Handelsgeschäfte und die Inhaber Kaufleute. Wir sind aber auch unabhängige, freie Heilberufler, die rund um Arzneimittel mit allen Risiken, Unsicherheiten, Anwendungsproblemen, Medikationsfehlern, Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten beraten und uns nicht scheuen Abgaben zu verweigern und von bestimmten Mitteln abzuraten.
Ich bin Apotheker und gerade im Notdienst. Erst gerade eben wollte ein junger Mann gegen Übelkeit, Magenbeschwerden und Gliederschmerzen ein Wick MediNait haben. Nachdem ich festgestellt habe, dass er kein Durchfall, Erbrechen oder Verstopfung und sonst irgendwelcher Erkrankungen hat oder Arzneimittel einnimmt, konnte ich ihm guten Gewissens Vomex Dragees und Paracetamoltabletten anbieten, obwohl ich am Wick MediNait mehr verdient hätte.
Eine Hotline der Versender ist nachts nicht zu erreichen (z.B. Mo-Fr. 8-20 Sa. 9-13 Uhr).
Dies zeigt, wie wichtig die Beratung in den Apotheken vor Ort sein kann und zugleich, dass die Versender nicht die großen "Heilsbringer" und "Retter" der flächendeckenden Versorgung sind. Wir Apotheken vor Ort leisten defizitäre Notdienste. Heute Nacht haben 1300 Apotheken Notdienst. Dabei werden 20.000 Patienten versorgt.